vexen Linse von Materialien welche die wenigste Farbe hervorbringen, verband und nun beobachtete, auf was Weise man dieß durch drey Mittel bewirken könnte, ob es gleich schien, daß ihrer viere nöthig wären."
XI. "Indem man sich nun nach Mitteln umsah, welche zu jenem Zweck am geschicktesten seyn möchten; so entdeckte man eine wunderbare und merkwürdige Ei- genschaft in der Salzsäure. In allen Mitteln, deren Zerstreuungskräfte man bisher untersucht hatte, waren die grünen Strahlen, welche sonst die mittlern refran- giblen im Crownglas sind, unter den weniger refrangi- blen, und daher verursachten sie jene nicht beseitigte Farbe, welche vorher beschrieben worden. In der Salz- säure hingegen machen dieselben Strahlen einen Theil der mehr refrangiblen, und in Gefolg davon ist die Ordnung der Farben in dem secundären Spectrum, wel- ches durch eine Verbindung von Crownglas mit dieser Flüssigkeit hervorgebracht war, umgekehrt, indem das homogene Grün das wenigst refrangible und das verbun- dene Roth und Violett das meist refrangible war."
XII. "Diese merkwürdige Eigenschaft, die man in der Salzsäure gefunden, führt zu dem vollkommen- sten Erfolg, dem großen Mangel der optischen Instru- mente abzuhelfen, nämlich der Zerstreuung oder Abwei- chung der Strahlen, welche sich von ihrer ungleichen Refrangibilität herschrieb, und wodurch es bisher un- möglich ward, sie alle zusammen auf einen Punct zu bringen, sowohl bey einfachen als bey entgegengesetzten
vexen Linſe von Materialien welche die wenigſte Farbe hervorbringen, verband und nun beobachtete, auf was Weiſe man dieß durch drey Mittel bewirken koͤnnte, ob es gleich ſchien, daß ihrer viere noͤthig waͤren.“
XI. „Indem man ſich nun nach Mitteln umſah, welche zu jenem Zweck am geſchickteſten ſeyn moͤchten; ſo entdeckte man eine wunderbare und merkwuͤrdige Ei- genſchaft in der Salzſaͤure. In allen Mitteln, deren Zerſtreuungskraͤfte man bisher unterſucht hatte, waren die gruͤnen Strahlen, welche ſonſt die mittlern refran- giblen im Crownglas ſind, unter den weniger refrangi- blen, und daher verurſachten ſie jene nicht beſeitigte Farbe, welche vorher beſchrieben worden. In der Salz- ſaͤure hingegen machen dieſelben Strahlen einen Theil der mehr refrangiblen, und in Gefolg davon iſt die Ordnung der Farben in dem ſecundaͤren Spectrum, wel- ches durch eine Verbindung von Crownglas mit dieſer Fluͤſſigkeit hervorgebracht war, umgekehrt, indem das homogene Gruͤn das wenigſt refrangible und das verbun- dene Roth und Violett das meiſt refrangible war.“
XII. „Dieſe merkwuͤrdige Eigenſchaft, die man in der Salzſaͤure gefunden, fuͤhrt zu dem vollkommen- ſten Erfolg, dem großen Mangel der optiſchen Inſtru- mente abzuhelfen, naͤmlich der Zerſtreuung oder Abwei- chung der Strahlen, welche ſich von ihrer ungleichen Refrangibilitaͤt herſchrieb, und wodurch es bisher un- moͤglich ward, ſie alle zuſammen auf einen Punct zu bringen, ſowohl bey einfachen als bey entgegengeſetzten
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[652/0686]
vexen Linſe von Materialien welche die wenigſte Farbe
hervorbringen, verband und nun beobachtete, auf was
Weiſe man dieß durch drey Mittel bewirken koͤnnte, ob
es gleich ſchien, daß ihrer viere noͤthig waͤren.“
XI. „Indem man ſich nun nach Mitteln umſah,
welche zu jenem Zweck am geſchickteſten ſeyn moͤchten;
ſo entdeckte man eine wunderbare und merkwuͤrdige Ei-
genſchaft in der Salzſaͤure. In allen Mitteln, deren
Zerſtreuungskraͤfte man bisher unterſucht hatte, waren
die gruͤnen Strahlen, welche ſonſt die mittlern refran-
giblen im Crownglas ſind, unter den weniger refrangi-
blen, und daher verurſachten ſie jene nicht beſeitigte
Farbe, welche vorher beſchrieben worden. In der Salz-
ſaͤure hingegen machen dieſelben Strahlen einen Theil
der mehr refrangiblen, und in Gefolg davon iſt die
Ordnung der Farben in dem ſecundaͤren Spectrum, wel-
ches durch eine Verbindung von Crownglas mit dieſer
Fluͤſſigkeit hervorgebracht war, umgekehrt, indem das
homogene Gruͤn das wenigſt refrangible und das verbun-
dene Roth und Violett das meiſt refrangible war.“
XII. „Dieſe merkwuͤrdige Eigenſchaft, die man
in der Salzſaͤure gefunden, fuͤhrt zu dem vollkommen-
ſten Erfolg, dem großen Mangel der optiſchen Inſtru-
mente abzuhelfen, naͤmlich der Zerſtreuung oder Abwei-
chung der Strahlen, welche ſich von ihrer ungleichen
Refrangibilitaͤt herſchrieb, und wodurch es bisher un-
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/686>, abgerufen am 22.11.2024.
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