Wenn am Lichte grau gewordenes, noch feuchtes Hornsilber eben so lange der Einwirkung des prismati- schen Sonnenbildes ausgesetzt wird, so verändert es sich im Violett und Blau, wie vorhin; im Rothen und Gelben dagegen wird man das Hornsilber heller finden, als es vorher war, zwar nur wenig heller, doch deut- lich und unverkennbar. Eine Röthung in, oder hart unter dem prismatischen Roth wird man auch hier ge- wahr werden.
Wurde das Spectrum in einem größern Abstande, etwa 12 bis 15 Fuß vom Prisma, aufgefangen, so blieb das weiße Hornsilber im Gelben und Rothen weiß, das schon graue blieb so grau als vorher, zumal wenn auch die Oeffnung im Laden etwas verengert wurde; im Blau und Violett dagegen schwärzte es sich, obwohl schwächer als näher am Prisma. In einem noch be- trächtlichern Abstande hört auch endlich die reducirende Kraft des blauen und violetten Lichtes auf. Eine glei- che Abnahme der Action der prismatischen Farben be- merkten wir bereits an den Leuchtsteinen, und zwar früher am Gelb und Roth, als am Blau und Violett.
Läßt man Violett und Roth von zwey Prismen zu- sammentreten, so erhält man bekanntlich ein Pfirsich- blüthroth. In diesem wird das Hornsilber auch gerö- thet, und zwar wird es oft sehr schön carmesinroth.
Wenn man das prismatische Spectrum so nahe am Prisma auffängt, daß nur die Ränder gefärbt, die
Wenn am Lichte grau gewordenes, noch feuchtes Hornſilber eben ſo lange der Einwirkung des prismati- ſchen Sonnenbildes ausgeſetzt wird, ſo veraͤndert es ſich im Violett und Blau, wie vorhin; im Rothen und Gelben dagegen wird man das Hornſilber heller finden, als es vorher war, zwar nur wenig heller, doch deut- lich und unverkennbar. Eine Roͤthung in, oder hart unter dem prismatiſchen Roth wird man auch hier ge- wahr werden.
Wurde das Spectrum in einem groͤßern Abſtande, etwa 12 bis 15 Fuß vom Prisma, aufgefangen, ſo blieb das weiße Hornſilber im Gelben und Rothen weiß, das ſchon graue blieb ſo grau als vorher, zumal wenn auch die Oeffnung im Laden etwas verengert wurde; im Blau und Violett dagegen ſchwaͤrzte es ſich, obwohl ſchwaͤcher als naͤher am Prisma. In einem noch be- traͤchtlichern Abſtande hoͤrt auch endlich die reducirende Kraft des blauen und violetten Lichtes auf. Eine glei- che Abnahme der Action der prismatiſchen Farben be- merkten wir bereits an den Leuchtſteinen, und zwar fruͤher am Gelb und Roth, als am Blau und Violett.
Laͤßt man Violett und Roth von zwey Prismen zu- ſammentreten, ſo erhaͤlt man bekanntlich ein Pfirſich- bluͤthroth. In dieſem wird das Hornſilber auch geroͤ- thet, und zwar wird es oft ſehr ſchoͤn carmeſinroth.
Wenn man das prismatiſche Spectrum ſo nahe am Prisma auffaͤngt, daß nur die Raͤnder gefaͤrbt, die
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Wenn am Lichte grau gewordenes, noch feuchtes
Hornſilber eben ſo lange der Einwirkung des prismati-
ſchen Sonnenbildes ausgeſetzt wird, ſo veraͤndert es ſich
im Violett und Blau, wie vorhin; im Rothen und
Gelben dagegen wird man das Hornſilber heller finden,
als es vorher war, zwar nur wenig heller, doch deut-
lich und unverkennbar. Eine Roͤthung in, oder hart
unter dem prismatiſchen Roth wird man auch hier ge-
wahr werden.
Wurde das Spectrum in einem groͤßern Abſtande,
etwa 12 bis 15 Fuß vom Prisma, aufgefangen, ſo
blieb das weiße Hornſilber im Gelben und Rothen weiß,
das ſchon graue blieb ſo grau als vorher, zumal wenn
auch die Oeffnung im Laden etwas verengert wurde; im
Blau und Violett dagegen ſchwaͤrzte es ſich, obwohl
ſchwaͤcher als naͤher am Prisma. In einem noch be-
traͤchtlichern Abſtande hoͤrt auch endlich die reducirende
Kraft des blauen und violetten Lichtes auf. Eine glei-
che Abnahme der Action der prismatiſchen Farben be-
merkten wir bereits an den Leuchtſteinen, und zwar
fruͤher am Gelb und Roth, als am Blau und Violett.
Laͤßt man Violett und Roth von zwey Prismen zu-
ſammentreten, ſo erhaͤlt man bekanntlich ein Pfirſich-
bluͤthroth. In dieſem wird das Hornſilber auch geroͤ-
thet, und zwar wird es oft ſehr ſchoͤn carmeſinroth.
Wenn man das prismatiſche Spectrum ſo nahe
am Prisma auffaͤngt, daß nur die Raͤnder gefaͤrbt, die
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 719. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/753>, abgerufen am 23.11.2024.
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