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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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Könn' urplötzlich darauf in Marmorweiße sich wan-
deln.
Eben so wird auch das Meer, von heftigen Winden
erreget,
Umgewandelt in Wogen von heller und glänzender
Weiße.
Sagen ließe sich dann, daß das, was öfters wir
schwarz sehn,
Wann es die Stoffe durchmischt, die Ordnung der-
selben verändert,
Einige sich vermindern, und andre dagegen ver-
mehren;
Dieses auf einmal alsdann sich weiß und glänzend uns
zeige.
Wären die Fluthen des Meeres jedoch schon dunkel im
Grundstoff,
Dann so könnten auf keinerley Art ins Weiße sie wan-
deln;
Möchtest du noch so sehr in einander jagen die
Stoffe,
Nimmer würden ins Weiße sie übergehen, die
dunkeln.
Wären die Saamen jedoch, aus denen der einfache,
klare,
Meeresschimmer besteht, mit verschiedenen Farben ge-
färbet;
Wie man ein Viereck oft, und andre bestimmte Fi-
guren,
Bildet aus anderen Formen und unterschiednen Fi-
guren:

Koͤnn’ urploͤtzlich darauf in Marmorweiße ſich wan-
deln.
Eben ſo wird auch das Meer, von heftigen Winden
erreget,
Umgewandelt in Wogen von heller und glaͤnzender
Weiße.
Sagen ließe ſich dann, daß das, was oͤfters wir
ſchwarz ſehn,
Wann es die Stoffe durchmiſcht, die Ordnung der-
ſelben veraͤndert,
Einige ſich vermindern, und andre dagegen ver-
mehren;
Dieſes auf einmal alsdann ſich weiß und glaͤnzend uns
zeige.
Waͤren die Fluthen des Meeres jedoch ſchon dunkel im
Grundſtoff,
Dann ſo koͤnnten auf keinerley Art ins Weiße ſie wan-
deln;
Moͤchteſt du noch ſo ſehr in einander jagen die
Stoffe,
Nimmer wuͤrden ins Weiße ſie uͤbergehen, die
dunkeln.
Waͤren die Saamen jedoch, aus denen der einfache,
klare,
Meeresſchimmer beſteht, mit verſchiedenen Farben ge-
faͤrbet;
Wie man ein Viereck oft, und andre beſtimmte Fi-
guren,
Bildet aus anderen Formen und unterſchiednen Fi-
guren:

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[63/0097] Koͤnn’ urploͤtzlich darauf in Marmorweiße ſich wan- deln. Eben ſo wird auch das Meer, von heftigen Winden erreget, Umgewandelt in Wogen von heller und glaͤnzender Weiße. Sagen ließe ſich dann, daß das, was oͤfters wir ſchwarz ſehn, Wann es die Stoffe durchmiſcht, die Ordnung der- ſelben veraͤndert, Einige ſich vermindern, und andre dagegen ver- mehren; Dieſes auf einmal alsdann ſich weiß und glaͤnzend uns zeige. Waͤren die Fluthen des Meeres jedoch ſchon dunkel im Grundſtoff, Dann ſo koͤnnten auf keinerley Art ins Weiße ſie wan- deln; Moͤchteſt du noch ſo ſehr in einander jagen die Stoffe, Nimmer wuͤrden ins Weiße ſie uͤbergehen, die dunkeln. Waͤren die Saamen jedoch, aus denen der einfache, klare, Meeresſchimmer beſteht, mit verſchiedenen Farben ge- faͤrbet; Wie man ein Viereck oft, und andre beſtimmte Fi- guren, Bildet aus anderen Formen und unterſchiednen Fi- guren:

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/97>, abgerufen am 28.11.2024.