Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.
Doch dieser Wahn ist uns ins Herz gelegt, Wer mag sich gern davon befreyen? Beglückt wer Treue rein im Busen trägt, Kein Opfer wird ihn je gereuen! Allein ein Pergament, beschrieben und beprägt, Ist ein Gespenst vor dem sich alle scheuen. Das Wort erstirbt schon in der Feder, Die Herrschaft führen Wachs und Leder. Was willst du böser Geist von mir? Erz, Marmor, Pergament, Papier? Soll ich mit Griffel, Meißel, Feder schreiben? Ich gebe jede Wahl dir frey. Mephistopheles. Wie magst du deine Rednerey Nur gleich so hitzig übertreiben? Ist doch ein jedes Blättchen gut. Du unterzeichnest dich mit einem Tröpfchen Blut. Faust. Wenn dieß dir völlig G'nüge thut, So mag es bey der Fratze bleiben. Mephistopheles. Blut ist ein ganz besondrer Saft.
Doch dieſer Wahn iſt uns ins Herz gelegt, Wer mag ſich gern davon befreyen? Begluͤckt wer Treue rein im Buſen traͤgt, Kein Opfer wird ihn je gereuen! Allein ein Pergament, beſchrieben und bepraͤgt, Iſt ein Geſpenſt vor dem ſich alle ſcheuen. Das Wort erſtirbt ſchon in der Feder, Die Herrſchaft fuͤhren Wachs und Leder. Was willſt du boͤſer Geiſt von mir? Erz, Marmor, Pergament, Papier? Soll ich mit Griffel, Meißel, Feder ſchreiben? Ich gebe jede Wahl dir frey. Mephiſtopheles. Wie magſt du deine Rednerey Nur gleich ſo hitzig uͤbertreiben? Iſt doch ein jedes Blaͤttchen gut. Du unterzeichneſt dich mit einem Troͤpfchen Blut. Fauſt. Wenn dieß dir voͤllig G’nuͤge thut, So mag es bey der Fratze bleiben. Mephiſtopheles. Blut iſt ein ganz beſondrer Saft. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#FAU"> <p><pb facs="#f0114" n="108"/> Doch dieſer Wahn iſt uns ins Herz gelegt,<lb/> Wer mag ſich gern davon befreyen?<lb/> Begluͤckt wer Treue rein im Buſen traͤgt,<lb/> Kein Opfer wird ihn je gereuen!<lb/> Allein ein Pergament, beſchrieben und bepraͤgt,<lb/> Iſt ein Geſpenſt vor dem ſich alle ſcheuen.<lb/> Das Wort erſtirbt ſchon in der Feder,<lb/> Die Herrſchaft fuͤhren Wachs und Leder.<lb/> Was willſt du boͤſer Geiſt von mir?<lb/> Erz, Marmor, Pergament, Papier?<lb/> Soll ich mit Griffel, Meißel, Feder ſchreiben?<lb/> Ich gebe jede Wahl dir frey.</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p>Wie magſt du deine Rednerey<lb/> Nur gleich ſo hitzig uͤbertreiben?<lb/> Iſt doch ein jedes Blaͤttchen gut.<lb/> Du unterzeichneſt dich mit einem Troͤpfchen Blut.</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Wenn dieß dir voͤllig G’nuͤge thut,<lb/> So mag es bey der Fratze bleiben.</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p>Blut iſt ein ganz beſondrer Saft.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0114]
Doch dieſer Wahn iſt uns ins Herz gelegt,
Wer mag ſich gern davon befreyen?
Begluͤckt wer Treue rein im Buſen traͤgt,
Kein Opfer wird ihn je gereuen!
Allein ein Pergament, beſchrieben und bepraͤgt,
Iſt ein Geſpenſt vor dem ſich alle ſcheuen.
Das Wort erſtirbt ſchon in der Feder,
Die Herrſchaft fuͤhren Wachs und Leder.
Was willſt du boͤſer Geiſt von mir?
Erz, Marmor, Pergament, Papier?
Soll ich mit Griffel, Meißel, Feder ſchreiben?
Ich gebe jede Wahl dir frey.
Mephiſtopheles.
Wie magſt du deine Rednerey
Nur gleich ſo hitzig uͤbertreiben?
Iſt doch ein jedes Blaͤttchen gut.
Du unterzeichneſt dich mit einem Troͤpfchen Blut.
Fauſt.
Wenn dieß dir voͤllig G’nuͤge thut,
So mag es bey der Fratze bleiben.
Mephiſtopheles.
Blut iſt ein ganz beſondrer Saft.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/114>, abgerufen am 16.08.2024. |