Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808. Faust. Ein Dienst ist wohl des andern werth. Mephistopheles. Wir legen nur ein gültig Zeugniß nieder, Daß ihres Ehherrn ausgereckte Glieder In Padua an heil'ger Stätte ruhn. Faust. Sehr klug! Wir werden erst die Reise machen müssen! Mephistopheles. Sancta Simplicitas! darum ist's nicht zu thun; Bezeugt nur ohne viel zu wissen. Faust. Wenn Er nichts bessers hat, so ist der Plan zerrissen. Mephistopheles. O heil'ger Mann! Da wär't ihr's nun! Ist es das erstemal in eurem Leben, Daß ihr falsch Zeugniß abgelegt? Habt ihr von Gott, der Welt und was sich d'rin bewegt, Vom Menschen, was sich ihm in Kopf und Herzen regt, Definitionen nicht mit großer Kraft gegeben? Mit frecher Stirne, kühner Brust? Und wollt ihr recht in's Innre gehen, Fauſt. Ein Dienſt iſt wohl des andern werth. Mephiſtopheles. Wir legen nur ein guͤltig Zeugniß nieder, Daß ihres Ehherrn ausgereckte Glieder In Padua an heil’ger Staͤtte ruhn. Fauſt. Sehr klug! Wir werden erſt die Reiſe machen muͤſſen! Mephiſtopheles. Sancta Simplicitas! darum iſt’s nicht zu thun; Bezeugt nur ohne viel zu wiſſen. Fauſt. Wenn Er nichts beſſers hat, ſo iſt der Plan zerriſſen. Mephiſtopheles. O heil’ger Mann! Da waͤr’t ihr’s nun! Iſt es das erſtemal in eurem Leben, Daß ihr falſch Zeugniß abgelegt? Habt ihr von Gott, der Welt und was ſich d’rin bewegt, Vom Menſchen, was ſich ihm in Kopf und Herzen regt, Definitionen nicht mit großer Kraft gegeben? Mit frecher Stirne, kuͤhner Bruſt? Und wollt ihr recht in’s Innre gehen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0203" n="197"/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Ein Dienſt iſt wohl des andern werth.</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p>Wir legen nur ein guͤltig Zeugniß nieder,<lb/> Daß ihres Ehherrn ausgereckte Glieder<lb/> In Padua an heil’ger Staͤtte ruhn.</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Sehr klug! Wir werden erſt die Reiſe machen muͤſſen!</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#aq">Sancta Simplicitas!</hi> darum iſt’s nicht zu thun;<lb/> Bezeugt nur ohne viel zu wiſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Wenn Er nichts beſſers hat, ſo iſt der Plan zerriſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p>O heil’ger Mann! Da waͤr’t ihr’s nun!<lb/> Iſt es das erſtemal in eurem Leben,<lb/> Daß ihr falſch Zeugniß abgelegt?<lb/> Habt ihr von Gott, der Welt und was ſich d’rin bewegt,<lb/> Vom Menſchen, was ſich ihm in Kopf und Herzen regt,<lb/> Definitionen nicht mit großer Kraft gegeben?<lb/> Mit frecher Stirne, kuͤhner Bruſt?<lb/> Und wollt ihr recht in’s Innre gehen,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [197/0203]
Fauſt.
Ein Dienſt iſt wohl des andern werth.
Mephiſtopheles.
Wir legen nur ein guͤltig Zeugniß nieder,
Daß ihres Ehherrn ausgereckte Glieder
In Padua an heil’ger Staͤtte ruhn.
Fauſt.
Sehr klug! Wir werden erſt die Reiſe machen muͤſſen!
Mephiſtopheles.
Sancta Simplicitas! darum iſt’s nicht zu thun;
Bezeugt nur ohne viel zu wiſſen.
Fauſt.
Wenn Er nichts beſſers hat, ſo iſt der Plan zerriſſen.
Mephiſtopheles.
O heil’ger Mann! Da waͤr’t ihr’s nun!
Iſt es das erſtemal in eurem Leben,
Daß ihr falſch Zeugniß abgelegt?
Habt ihr von Gott, der Welt und was ſich d’rin bewegt,
Vom Menſchen, was ſich ihm in Kopf und Herzen regt,
Definitionen nicht mit großer Kraft gegeben?
Mit frecher Stirne, kuͤhner Bruſt?
Und wollt ihr recht in’s Innre gehen,
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