Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808. Faust. Besinne dich doch! Nur Einen Schritt, so bist du frey! Margarete. Wären wir nur den Berg vorbey! Da sitzt meine Mutter auf einem Stein, Es faßt mich kalt beym Schopfe! Da sizt meine Mutter auf einem Stein Und wackelt mit dem Kopfe; Sie winkt nicht, sie nickt nicht, der Kopf ist ihr schwer, Sie schlief so lange, sie wacht nicht mehr. Sie schlief damit wir uns freuten. Es waren glückliche Zeiten! Faust. Hilft hier kein Flehen, hilft kein Sagen; So wag' ich's dich hinweg zu tragen. Margarete. Laß mich! Nein, ich leide keine Gewalt! Fasse mich nicht so mörderisch an! Sonst hab' ich dir ja alles zu lieb gethan. Faust. Der Tag graut! Liebchen! Liebchen! Fauſt. Beſinne dich doch! Nur Einen Schritt, ſo biſt du frey! Margarete. Waͤren wir nur den Berg vorbey! Da ſitzt meine Mutter auf einem Stein, Es faßt mich kalt beym Schopfe! Da ſizt meine Mutter auf einem Stein Und wackelt mit dem Kopfe; Sie winkt nicht, ſie nickt nicht, der Kopf iſt ihr ſchwer, Sie ſchlief ſo lange, ſie wacht nicht mehr. Sie ſchlief damit wir uns freuten. Es waren gluͤckliche Zeiten! Fauſt. Hilft hier kein Flehen, hilft kein Sagen; So wag’ ich’s dich hinweg zu tragen. Margarete. Laß mich! Nein, ich leide keine Gewalt! Faſſe mich nicht ſo moͤrderiſch an! Sonſt hab’ ich dir ja alles zu lieb gethan. Fauſt. Der Tag graut! Liebchen! Liebchen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0312" n="306"/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Beſinne dich doch!<lb/> Nur Einen Schritt, ſo biſt du frey!</p> </sp><lb/> <sp who="#MARGA"> <speaker><hi rendition="#g">Margarete</hi>.</speaker><lb/> <p>Waͤren wir nur den Berg vorbey!<lb/> Da ſitzt meine Mutter auf einem Stein,<lb/> Es faßt mich kalt beym Schopfe!<lb/> Da ſizt meine Mutter auf einem Stein<lb/> Und wackelt mit dem Kopfe;<lb/> Sie winkt nicht, ſie nickt nicht, der Kopf iſt ihr ſchwer,<lb/> Sie ſchlief ſo lange, ſie wacht nicht mehr.<lb/> Sie ſchlief damit wir uns freuten.<lb/> Es waren gluͤckliche Zeiten!</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Hilft hier kein Flehen, hilft kein Sagen;<lb/> So wag’ ich’s dich hinweg zu tragen.</p> </sp><lb/> <sp who="#MARGA"> <speaker><hi rendition="#g">Margarete</hi>.</speaker><lb/> <p>Laß mich! Nein, ich leide keine Gewalt!<lb/> Faſſe mich nicht ſo moͤrderiſch an!<lb/> Sonſt hab’ ich dir ja alles zu lieb gethan.</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Der Tag graut! Liebchen! Liebchen!</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [306/0312]
Fauſt.
Beſinne dich doch!
Nur Einen Schritt, ſo biſt du frey!
Margarete.
Waͤren wir nur den Berg vorbey!
Da ſitzt meine Mutter auf einem Stein,
Es faßt mich kalt beym Schopfe!
Da ſizt meine Mutter auf einem Stein
Und wackelt mit dem Kopfe;
Sie winkt nicht, ſie nickt nicht, der Kopf iſt ihr ſchwer,
Sie ſchlief ſo lange, ſie wacht nicht mehr.
Sie ſchlief damit wir uns freuten.
Es waren gluͤckliche Zeiten!
Fauſt.
Hilft hier kein Flehen, hilft kein Sagen;
So wag’ ich’s dich hinweg zu tragen.
Margarete.
Laß mich! Nein, ich leide keine Gewalt!
Faſſe mich nicht ſo moͤrderiſch an!
Sonſt hab’ ich dir ja alles zu lieb gethan.
Fauſt.
Der Tag graut! Liebchen! Liebchen!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/312 |
Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/312>, abgerufen am 17.02.2025. |