Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.
Aus dem hohlen finstren Thor Dringt ein buntes Gewimmel hervor. Jeder sonnt sich heute so gern. Sie feyern die Auferstehung des Herrn, Denn sie sind selber auferstanden, Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern, Aus Handwerks- und Gewerbes Banden, Aus dem Druck von Giebeln und Dächern, Aus der Straßen quetschender Enge, Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht Sind sie alle ans Licht gebracht. Sieh nur sieh! wie behend sich die Menge Durch die Gärten und Felder zerschlägt, Wie der Fluß, in Breit' und Länge, So manchen lustigen Nachen bewegt, Und, bis zum Sinken überladen Entfernt sich dieser letzte Kahn. Selbst von des Berges fernen Pfaden Blinken uns farbige Kleider an. Ich höre schon des Dorfs Getümmel, Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Aus dem hohlen finſtren Thor Dringt ein buntes Gewimmel hervor. Jeder ſonnt ſich heute ſo gern. Sie feyern die Auferſtehung des Herrn, Denn ſie ſind ſelber auferſtanden, Aus niedriger Haͤuſer dumpfen Gemaͤchern, Aus Handwerks- und Gewerbes Banden, Aus dem Druck von Giebeln und Daͤchern, Aus der Straßen quetſchender Enge, Aus der Kirchen ehrwuͤrdiger Nacht Sind ſie alle ans Licht gebracht. Sieh nur ſieh! wie behend ſich die Menge Durch die Gaͤrten und Felder zerſchlaͤgt, Wie der Fluß, in Breit’ und Laͤnge, So manchen luſtigen Nachen bewegt, Und, bis zum Sinken uͤberladen Entfernt ſich dieſer letzte Kahn. Selbſt von des Berges fernen Pfaden Blinken uns farbige Kleider an. Ich hoͤre ſchon des Dorfs Getuͤmmel, Hier iſt des Volkes wahrer Himmel, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#FAU"> <p><pb facs="#f0070" n="64"/> Aus dem hohlen finſtren Thor<lb/> Dringt ein buntes Gewimmel hervor.<lb/> Jeder ſonnt ſich heute ſo gern.<lb/> Sie feyern die Auferſtehung des Herrn,<lb/> Denn ſie ſind ſelber auferſtanden,<lb/> Aus niedriger Haͤuſer dumpfen Gemaͤchern,<lb/> Aus Handwerks- und Gewerbes Banden,<lb/> Aus dem Druck von Giebeln und Daͤchern,<lb/> Aus der Straßen quetſchender Enge,<lb/> Aus der Kirchen ehrwuͤrdiger Nacht<lb/> Sind ſie alle ans Licht gebracht.<lb/> Sieh nur ſieh! wie behend ſich die Menge<lb/> Durch die Gaͤrten und Felder zerſchlaͤgt,<lb/> Wie der Fluß, in Breit’ und Laͤnge,<lb/> So manchen luſtigen Nachen bewegt,<lb/> Und, bis zum Sinken uͤberladen<lb/> Entfernt ſich dieſer letzte Kahn.<lb/> Selbſt von des Berges fernen Pfaden<lb/> Blinken uns farbige Kleider an.<lb/> Ich hoͤre ſchon des Dorfs Getuͤmmel,<lb/> Hier iſt des Volkes wahrer Himmel,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0070]
Aus dem hohlen finſtren Thor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder ſonnt ſich heute ſo gern.
Sie feyern die Auferſtehung des Herrn,
Denn ſie ſind ſelber auferſtanden,
Aus niedriger Haͤuſer dumpfen Gemaͤchern,
Aus Handwerks- und Gewerbes Banden,
Aus dem Druck von Giebeln und Daͤchern,
Aus der Straßen quetſchender Enge,
Aus der Kirchen ehrwuͤrdiger Nacht
Sind ſie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur ſieh! wie behend ſich die Menge
Durch die Gaͤrten und Felder zerſchlaͤgt,
Wie der Fluß, in Breit’ und Laͤnge,
So manchen luſtigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken uͤberladen
Entfernt ſich dieſer letzte Kahn.
Selbſt von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich hoͤre ſchon des Dorfs Getuͤmmel,
Hier iſt des Volkes wahrer Himmel,
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/70>, abgerufen am 16.07.2024. |