Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Und respectirt nur unsre Lage, So regeln wir die Mond- und Sonnentage. Sitzen vor den Pyramiden, Zu der Völker Hochgericht, Ueberschwemmung, Krieg und Frieden - Und verziehen kein Gesicht. Peneios umgeben von Gewässern und Nymphen. Peneios. Rege dich du Schilfgeflüster! Hauche leise Rohrgeschwister, Säuselt leichte Weidensträuche, Lispelt Pappelzitterzweige Unterbrochnen Träumen zu! Weckt mich doch ein grauslich Wittern, Heimlich allbewegend Zittern Aus dem Wallestrom und Ruh. Faust
(an den Fluß tretend). Hör' ich recht, so muß ich glauben: Hinter den verschränkten Lauben Dieser Zweige, dieser Stauden Tönt ein menschenähnlichs Lauten. Scheint die Welle doch ein Schwätzen, Lüftlein wie - ein Scherzergötzen.
Und respectirt nur unsre Lage, So regeln wir die Mond- und Sonnentage. Sitzen vor den Pyramiden, Zu der Völker Hochgericht, Ueberschwemmung, Krieg und Frieden – Und verziehen kein Gesicht. Peneios umgeben von Gewässern und Nymphen. Peneios. Rege dich du Schilfgeflüster! Hauche leise Rohrgeschwister, Säuselt leichte Weidensträuche, Lispelt Pappelzitterzweige Unterbrochnen Träumen zu! Weckt mich doch ein grauslich Wittern, Heimlich allbewegend Zittern Aus dem Wallestrom und Ruh. Faust
(an den Fluß tretend). Hör’ ich recht, so muß ich glauben: Hinter den verschränkten Lauben Dieser Zweige, dieser Stauden Tönt ein menschenähnlichs Lauten. Scheint die Welle doch ein Schwätzen, Lüftlein wie – ein Scherzergötzen. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0136" n="124"/> Und respectirt nur unsre Lage,<lb/><hi rendition="#g">So</hi> regeln wir die Mond- und Sonnentage.<lb/></p> <lg type="poem"> <l rendition="#et">Sitzen vor den Pyramiden,</l><lb/> <l rendition="#et">Zu der Völker Hochgericht,</l><lb/> <l rendition="#et">Ueberschwemmung, Krieg und Frieden –</l><lb/> <l rendition="#et">Und verziehen kein Gesicht.</l><lb/> </lg> </sp> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="scene" n="2"> <head> <hi rendition="#g">Peneios</hi> </head><lb/> <stage>umgeben von Gewässern und Nymphen.</stage><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Peneios.</hi> </speaker><lb/> <p>Rege dich du Schilfgeflüster!<lb/> Hauche leise Rohrgeschwister,<lb/> Säuselt leichte Weidensträuche,<lb/> Lispelt Pappelzitterzweige<lb/> Unterbrochnen Träumen zu!<lb/> Weckt mich doch ein grauslich Wittern,<lb/> Heimlich allbewegend Zittern<lb/> Aus dem Wallestrom und Ruh.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Faust</hi> </speaker><lb/> <stage>(an den Fluß tretend).</stage><lb/> <p>Hör’ ich recht, so muß ich glauben:<lb/> Hinter den verschränkten Lauben<lb/> Dieser Zweige, dieser Stauden<lb/> Tönt ein menschenähnlichs Lauten.<lb/> Scheint die Welle doch ein Schwätzen,<lb/> Lüftlein wie – ein Scherzergötzen.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0136]
Und respectirt nur unsre Lage,
So regeln wir die Mond- und Sonnentage.
Sitzen vor den Pyramiden,
Zu der Völker Hochgericht,
Ueberschwemmung, Krieg und Frieden –
Und verziehen kein Gesicht.
Peneios
umgeben von Gewässern und Nymphen.
Peneios.
Rege dich du Schilfgeflüster!
Hauche leise Rohrgeschwister,
Säuselt leichte Weidensträuche,
Lispelt Pappelzitterzweige
Unterbrochnen Träumen zu!
Weckt mich doch ein grauslich Wittern,
Heimlich allbewegend Zittern
Aus dem Wallestrom und Ruh.
Faust
(an den Fluß tretend).
Hör’ ich recht, so muß ich glauben:
Hinter den verschränkten Lauben
Dieser Zweige, dieser Stauden
Tönt ein menschenähnlichs Lauten.
Scheint die Welle doch ein Schwätzen,
Lüftlein wie – ein Scherzergötzen.
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