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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

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Volk der Tiefe ruft fortan! -
Vor des Sturmes grausen Schlünden
Wichen wir zu stillsten Gründen,
Holder Sang zieht uns heran.

Seht! Wie wir im Hochentzücken
Uns mit goldnen Ketten schmücken;
Auch zu Kron' und Edelsteinen,
Spang- und Gürtelschmuck vereinen.
Alles das ist eure Frucht.
Schätze, scheiternd hier verschlungen,
Habt ihr uns herangesungen,
Ihr Dämonen unsrer Bucht.
Sirenen.
Wissen's wohl, in Meeresfrische
Glatt behagen sich die Fische,
Schwanken Lebens ohne Leid;
Doch! ihr festlich regen Schaaren,
Heute möchten wir erfahren,
Daß ihr mehr als Fische seyd.
Nereiden und Tritonen.
Ehe wir hieher gekommen
Haben wir's zu Sinn genommen,
Schwestern, Brüder, jetzt geschwind!
Heut bedarf's der kleinsten Reise,
Zum vollgültigsten Beweise,
Daß wir mehr als Fische sind.
(Entfernen sich.)

Volk der Tiefe ruft fortan! –
Vor des Sturmes grausen Schlünden
Wichen wir zu stillsten Gründen,
Holder Sang zieht uns heran.

Seht! Wie wir im Hochentzücken
Uns mit goldnen Ketten schmücken;
Auch zu Kron’ und Edelsteinen,
Spang- und Gürtelschmuck vereinen.
Alles das ist eure Frucht.
Schätze, scheiternd hier verschlungen,
Habt ihr uns herangesungen,
Ihr Dämonen unsrer Bucht.
Sirenen.
Wissen’s wohl, in Meeresfrische
Glatt behagen sich die Fische,
Schwanken Lebens ohne Leid;
Doch! ihr festlich regen Schaaren,
Heute möchten wir erfahren,
Daß ihr mehr als Fische seyd.
Nereiden und Tritonen.
Ehe wir hieher gekommen
Haben wir’s zu Sinn genommen,
Schwestern, Brüder, jetzt geschwind!
Heut bedarf’s der kleinsten Reise,
Zum vollgültigsten Beweise,
Daß wir mehr als Fische sind.
(Entfernen sich.)
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[159/0171] Volk der Tiefe ruft fortan! – Vor des Sturmes grausen Schlünden Wichen wir zu stillsten Gründen, Holder Sang zieht uns heran. Seht! Wie wir im Hochentzücken Uns mit goldnen Ketten schmücken; Auch zu Kron’ und Edelsteinen, Spang- und Gürtelschmuck vereinen. Alles das ist eure Frucht. Schätze, scheiternd hier verschlungen, Habt ihr uns herangesungen, Ihr Dämonen unsrer Bucht. Sirenen. Wissen’s wohl, in Meeresfrische Glatt behagen sich die Fische, Schwanken Lebens ohne Leid; Doch! ihr festlich regen Schaaren, Heute möchten wir erfahren, Daß ihr mehr als Fische seyd. Nereiden und Tritonen. Ehe wir hieher gekommen Haben wir’s zu Sinn genommen, Schwestern, Brüder, jetzt geschwind! Heut bedarf’s der kleinsten Reise, Zum vollgültigsten Beweise, Daß wir mehr als Fische sind. (Entfernen sich.)

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/171>, abgerufen am 21.11.2024.