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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

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Proteus.
Laß du sie singen, laß sie prahlen!
Der Sonne heiligen Lebestrahlen
Sind todte Werke nur ein Spaß.
Das bildet, schmelzend, unverdrossen;
Und haben sie's in Erz gegossen,
Dann denken sie es wäre was.
Was ist's zuletzt mit diesen Stolzen?
Die Götterbilder standen groß, -
Zerstörte sie ein Erdestoß;
Längst sind sie wieder eingeschmolzen.
Das Erdetreiben, wie's auch sey,
Ist immer doch nur Plackerey;
Dem Leben frommt die Welle besser;
Dich trägt in's ewige Gewässer
Proteus-Delphin.
(Er verwandelt sich.)
Schon ist's gethan!
Da soll es dir zum schönsten glücken,
Ich nehme dich auf meinen Rücken,
Vermähle dich dem Ocean.
Thales.
Gib nach dem löblichen Verlangen
Von vorn die Schöpfung anzufangen!
Zu raschem Wirken sey bereit!
Da regst du dich nach ewigen Normen,
Durch tausend abertausend Formen,
Und bis zum Menschen hast du Zeit.
Proteus.
Laß du sie singen, laß sie prahlen!
Der Sonne heiligen Lebestrahlen
Sind todte Werke nur ein Spaß.
Das bildet, schmelzend, unverdrossen;
Und haben sie’s in Erz gegossen,
Dann denken sie es wäre was.
Was ist’s zuletzt mit diesen Stolzen?
Die Götterbilder standen groß, –
Zerstörte sie ein Erdestoß;
Längst sind sie wieder eingeschmolzen.
Das Erdetreiben, wie’s auch sey,
Ist immer doch nur Plackerey;
Dem Leben frommt die Welle besser;
Dich trägt in’s ewige Gewässer
Proteus-Delphin.
(Er verwandelt sich.)
Schon ist’s gethan!
Da soll es dir zum schönsten glücken,
Ich nehme dich auf meinen Rücken,
Vermähle dich dem Ocean.
Thales.
Gib nach dem löblichen Verlangen
Von vorn die Schöpfung anzufangen!
Zu raschem Wirken sey bereit!
Da regst du dich nach ewigen Normen,
Durch tausend abertausend Formen,
Und bis zum Menschen hast du Zeit.
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[171/0183] Proteus. Laß du sie singen, laß sie prahlen! Der Sonne heiligen Lebestrahlen Sind todte Werke nur ein Spaß. Das bildet, schmelzend, unverdrossen; Und haben sie’s in Erz gegossen, Dann denken sie es wäre was. Was ist’s zuletzt mit diesen Stolzen? Die Götterbilder standen groß, – Zerstörte sie ein Erdestoß; Längst sind sie wieder eingeschmolzen. Das Erdetreiben, wie’s auch sey, Ist immer doch nur Plackerey; Dem Leben frommt die Welle besser; Dich trägt in’s ewige Gewässer Proteus-Delphin. (Er verwandelt sich.) Schon ist’s gethan! Da soll es dir zum schönsten glücken, Ich nehme dich auf meinen Rücken, Vermähle dich dem Ocean. Thales. Gib nach dem löblichen Verlangen Von vorn die Schöpfung anzufangen! Zu raschem Wirken sey bereit! Da regst du dich nach ewigen Normen, Durch tausend abertausend Formen, Und bis zum Menschen hast du Zeit.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/183>, abgerufen am 21.11.2024.