Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Freiem Blicke starr entgegen. Ist's ein Hof? ist's tiefe Grube? Schauerlich in jedem Falle! Schwestern ach! wir sind gefangen, So gefangen wie nur je. (Innerer Burghof, umgeben von reichen phantastischen Ge- bäuden des Mittelalters.) Chorführerin. Vorschnell und thöricht, ächt wahrhaftes Weibsgebild! Vom Augenblick abhängig, Spiel der Witterung Des Glücks und Unglücks, keins von beiden wißt ihr je Zu bestehn mit Gleichmuth. Eine widerspricht ja stets Der andern heftig, überquer die andern ihr; In Freud' und Schmerz nur heult und lacht ihr glei- chen Ton's. Nun schweigt! und wartet horchend was die Herrscherin Hochsinnig hier beschließen mag für sich und uns. Helena. Wo bist du Pythonissa? heiße wie du magst, Aus diesen Gewölben tritt hervor der düstern Burg. Gingst etwa du, dem wunderbaren Heldenherrn Mich anzukündigen, Wohlempfang bereitend mir, So habe Dank und führe schnell mich ein zu ihm; Beschluß der Irrfahrt wünsch' ich, Ruhe wünsch' ich nur. Chorführerin. Vergebens blickst du, Königin, allseits um dich her; Verschwunden ist das leidige Bild, verblieb vielleicht Im Nebel dort, aus dessen Busen wir hieher, Ich weiß nicht wie, gekommen, schnell und sonder Schritt.
Freiem Blicke starr entgegen. Ist’s ein Hof? ist’s tiefe Grube? Schauerlich in jedem Falle! Schwestern ach! wir sind gefangen, So gefangen wie nur je. (Innerer Burghof, umgeben von reichen phantastischen Ge- bäuden des Mittelalters.) Chorführerin. Vorschnell und thöricht, ächt wahrhaftes Weibsgebild! Vom Augenblick abhängig, Spiel der Witterung Des Glücks und Unglücks, keins von beiden wißt ihr je Zu bestehn mit Gleichmuth. Eine widerspricht ja stets Der andern heftig, überquer die andern ihr; In Freud’ und Schmerz nur heult und lacht ihr glei- chen Ton’s. Nun schweigt! und wartet horchend was die Herrscherin Hochsinnig hier beschließen mag für sich und uns. Helena. Wo bist du Pythonissa? heiße wie du magst, Aus diesen Gewölben tritt hervor der düstern Burg. Gingst etwa du, dem wunderbaren Heldenherrn Mich anzukündigen, Wohlempfang bereitend mir, So habe Dank und führe schnell mich ein zu ihm; Beschluß der Irrfahrt wünsch’ ich, Ruhe wünsch’ ich nur. Chorführerin. Vergebens blickst du, Königin, allseits um dich her; Verschwunden ist das leidige Bild, verblieb vielleicht Im Nebel dort, aus dessen Busen wir hieher, Ich weiß nicht wie, gekommen, schnell und sonder Schritt. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0220" n="208"/> Freiem Blicke starr entgegen. Ist’s ein Hof? ist’s<lb/><hi rendition="#et">tiefe Grube?</hi><lb/> Schauerlich in jedem Falle! Schwestern ach! wir sind<lb/><hi rendition="#et">gefangen,</hi><lb/> So gefangen wie nur je.<lb/></p> </sp> <stage>(Innerer Burghof, umgeben von reichen phantastischen Ge-<lb/> bäuden des Mittelalters.)</stage><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Chorführerin.</hi> </speaker><lb/> <p>Vorschnell und thöricht, ächt wahrhaftes Weibsgebild!<lb/> Vom Augenblick abhängig, Spiel der Witterung<lb/> Des Glücks und Unglücks, keins von beiden wißt ihr je<lb/> Zu bestehn mit Gleichmuth. Eine widerspricht ja stets<lb/> Der andern heftig, überquer die andern ihr;<lb/> In Freud’ und Schmerz nur heult und lacht ihr glei-<lb/><hi rendition="#et">chen Ton’s.</hi><lb/> Nun schweigt! und wartet horchend was die Herrscherin<lb/> Hochsinnig hier beschließen mag für sich und uns.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Helena.</hi> </speaker><lb/> <p>Wo bist du Pythonissa? heiße wie du magst,<lb/> Aus diesen Gewölben tritt hervor der düstern Burg.<lb/> Gingst etwa du, dem wunderbaren Heldenherrn<lb/> Mich anzukündigen, Wohlempfang bereitend mir,<lb/> So habe Dank und führe schnell mich ein zu ihm;<lb/> Beschluß der Irrfahrt wünsch’ ich, Ruhe wünsch’ ich nur.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Chorführerin.</hi> </speaker><lb/> <p>Vergebens blickst du, Königin, allseits um dich her;<lb/> Verschwunden ist das leidige Bild, verblieb vielleicht<lb/> Im Nebel dort, aus dessen Busen wir hieher,<lb/> Ich weiß nicht wie, gekommen, schnell und sonder Schritt.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [208/0220]
Freiem Blicke starr entgegen. Ist’s ein Hof? ist’s
tiefe Grube?
Schauerlich in jedem Falle! Schwestern ach! wir sind
gefangen,
So gefangen wie nur je.
(Innerer Burghof, umgeben von reichen phantastischen Ge-
bäuden des Mittelalters.)
Chorführerin.
Vorschnell und thöricht, ächt wahrhaftes Weibsgebild!
Vom Augenblick abhängig, Spiel der Witterung
Des Glücks und Unglücks, keins von beiden wißt ihr je
Zu bestehn mit Gleichmuth. Eine widerspricht ja stets
Der andern heftig, überquer die andern ihr;
In Freud’ und Schmerz nur heult und lacht ihr glei-
chen Ton’s.
Nun schweigt! und wartet horchend was die Herrscherin
Hochsinnig hier beschließen mag für sich und uns.
Helena.
Wo bist du Pythonissa? heiße wie du magst,
Aus diesen Gewölben tritt hervor der düstern Burg.
Gingst etwa du, dem wunderbaren Heldenherrn
Mich anzukündigen, Wohlempfang bereitend mir,
So habe Dank und führe schnell mich ein zu ihm;
Beschluß der Irrfahrt wünsch’ ich, Ruhe wünsch’ ich nur.
Chorführerin.
Vergebens blickst du, Königin, allseits um dich her;
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