Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Sie gehen noch so ziemlich ein.
Jedoch am Ende fehlt's an Wein.
Wenn sonst im Keller Faß an Faß sich häufte,
Der besten Berg' und Jahresläufte,
So schlürft unendliches Gesäufte
Der edlen Herrn den letzten Tropfen aus.
Der Stadtrath muß sein Lager auch verzapfen,
Man greift zu Humpen, greift zu Napfen,
Und unterm Tische liegt der Schmaus.
Nun soll ich zahlen, alle lohnen;
Der Jude wird mich nicht verschonen,
Der schafft Anticipationen,
Die speisen Jahr um Jahr voraus.
Die Schweine kommen nicht zu Fette,
Verpfändet ist der Pfühl im Bette,
Und auf den Tisch kommt vorgegessen Brod.
Kaiser
(nach einigem Nachdenken zu Mephistopheles).
Sag, weißt du Narr nicht auch noch eine Noth?
Mephistopheles.
Ich keineswegs. Den Glanz umherzuschauen,
Dich und die deinen! - Mangelte Vertrauen,
Wo Majestät unweigerlich gebeut?
Bereite Macht Feindseliges zerstreut,
Wo guter Wille, kräftig durch Verstand
Und Thätigkeit, vielfältige, zur Hand?
Was könnte da zum Unheil sich vereinen,
Zur Finsterniß, wo solche Sterne scheinen?
Sie gehen noch so ziemlich ein.
Jedoch am Ende fehlt’s an Wein.
Wenn sonst im Keller Faß an Faß sich häufte,
Der besten Berg’ und Jahresläufte,
So schlürft unendliches Gesäufte
Der edlen Herrn den letzten Tropfen aus.
Der Stadtrath muß sein Lager auch verzapfen,
Man greift zu Humpen, greift zu Napfen,
Und unterm Tische liegt der Schmaus.
Nun soll ich zahlen, alle lohnen;
Der Jude wird mich nicht verschonen,
Der schafft Anticipationen,
Die speisen Jahr um Jahr voraus.
Die Schweine kommen nicht zu Fette,
Verpfändet ist der Pfühl im Bette,
Und auf den Tisch kommt vorgegessen Brod.
Kaiser
(nach einigem Nachdenken zu Mephistopheles).
Sag, weißt du Narr nicht auch noch eine Noth?
Mephistopheles.
Ich keineswegs. Den Glanz umherzuschauen,
Dich und die deinen! – Mangelte Vertrauen,
Wo Majestät unweigerlich gebeut?
Bereite Macht Feindseliges zerstreut,
Wo guter Wille, kräftig durch Verstand
Und Thätigkeit, vielfältige, zur Hand?
Was könnte da zum Unheil sich vereinen,
Zur Finsterniß, wo solche Sterne scheinen?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="act" n="1">
        <div type="scene" n="2">
          <sp>
            <p><pb facs="#f0026" n="14"/>
Sie gehen noch so ziemlich ein.<lb/>
Jedoch am Ende fehlt&#x2019;s an Wein.<lb/>
Wenn sonst im Keller Faß an Faß sich häufte,<lb/>
Der besten Berg&#x2019; und Jahresläufte,<lb/>
So schlürft unendliches Gesäufte<lb/>
Der edlen Herrn den letzten Tropfen aus.<lb/>
Der Stadtrath muß sein Lager auch verzapfen,<lb/>
Man greift zu Humpen, greift zu Napfen,<lb/>
Und unterm Tische liegt der Schmaus.<lb/>
Nun soll ich zahlen, alle lohnen;<lb/>
Der Jude wird mich nicht verschonen,<lb/>
Der schafft Anticipationen,<lb/>
Die speisen Jahr um Jahr voraus.<lb/>
Die Schweine kommen nicht zu Fette,<lb/>
Verpfändet ist der Pfühl im Bette,<lb/>
Und auf den Tisch kommt vorgegessen Brod.<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Kaiser</hi> </speaker><lb/>
            <stage>(nach einigem Nachdenken zu Mephistopheles).</stage><lb/>
            <p>Sag, weißt du Narr nicht auch noch eine Noth?<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/>
            <p> Ich keineswegs. Den Glanz umherzuschauen,<lb/>
Dich und die deinen! &#x2013; Mangelte Vertrauen,<lb/>
Wo Majestät unweigerlich gebeut?<lb/>
Bereite Macht Feindseliges zerstreut,<lb/>
Wo guter Wille, kräftig durch Verstand<lb/>
Und Thätigkeit, vielfältige, zur Hand?<lb/>
Was könnte da zum Unheil sich vereinen,<lb/>
Zur Finsterniß, wo solche Sterne scheinen?<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0026] Sie gehen noch so ziemlich ein. Jedoch am Ende fehlt’s an Wein. Wenn sonst im Keller Faß an Faß sich häufte, Der besten Berg’ und Jahresläufte, So schlürft unendliches Gesäufte Der edlen Herrn den letzten Tropfen aus. Der Stadtrath muß sein Lager auch verzapfen, Man greift zu Humpen, greift zu Napfen, Und unterm Tische liegt der Schmaus. Nun soll ich zahlen, alle lohnen; Der Jude wird mich nicht verschonen, Der schafft Anticipationen, Die speisen Jahr um Jahr voraus. Die Schweine kommen nicht zu Fette, Verpfändet ist der Pfühl im Bette, Und auf den Tisch kommt vorgegessen Brod. Kaiser (nach einigem Nachdenken zu Mephistopheles). Sag, weißt du Narr nicht auch noch eine Noth? Mephistopheles. Ich keineswegs. Den Glanz umherzuschauen, Dich und die deinen! – Mangelte Vertrauen, Wo Majestät unweigerlich gebeut? Bereite Macht Feindseliges zerstreut, Wo guter Wille, kräftig durch Verstand Und Thätigkeit, vielfältige, zur Hand? Was könnte da zum Unheil sich vereinen, Zur Finsterniß, wo solche Sterne scheinen?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Freies Deutsches Hochstift (Frankfurter Goethe-Museum), Sign. III B / 23: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-03-12T12:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/26
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/26>, abgerufen am 21.11.2024.