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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

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Als die Natur sich in sich selbst gegründet,
Da hat sie rein den Erdball abgeründet.
Der Gipfel sich, der Schluchten sich erfreut,
Und Fels an Fels und Berg an Berg gereiht;
Die Hügel dann bequem hinabgebildet,
Mit sanftem Zug sie in das Thal gemildet.
Da grünt's und wächst's, und um sich zu erfreuen
Bedarf sie nicht der tollen Strudeleyen.
Mephistopheles.
Das sprecht ihr so! Das scheint euch sonnenklar,
Doch weiß es anders der zugegen war.
Ich war dabei, als noch da drunten, siedend,
Der Abgrund schwoll und strömend Flammen trug;
Als Molochs Hammer, Fels an Felsen schmiedend,
Gebirges-Trümmer in die Ferne schlug.
Noch starrt das Land von fremden Centnermassen;
Wer gibt Erklärung solcher Schleudermacht?
Der Philosoph, er weiß es nicht zu fassen,
Da liegt der Fels, man muß ihn liegen lassen,
Zu Schanden haben wir uns schon gedacht. -
Das treu-gemeine Volk allein begreift
Und läßt sich im Begriff nicht stören;
Ihm ist die Weisheit längst gereift:
Ein Wunder ist's, der Satan kommt zu Ehren.
Mein Wandrer hinkt an seiner Glaubenskrücke,
Zum Teufelsstein, zur Teufelsbrücke.
Faust.
Es ist doch auch bemerkenswerth zu achten,
Zu sehn wie Teufel die Natur betrachten.
Als die Natur sich in sich selbst gegründet,
Da hat sie rein den Erdball abgeründet.
Der Gipfel sich, der Schluchten sich erfreut,
Und Fels an Fels und Berg an Berg gereiht;
Die Hügel dann bequem hinabgebildet,
Mit sanftem Zug sie in das Thal gemildet.
Da grünt’s und wächst’s, und um sich zu erfreuen
Bedarf sie nicht der tollen Strudeleyen.
Mephistopheles.
Das sprecht ihr so! Das scheint euch sonnenklar,
Doch weiß es anders der zugegen war.
Ich war dabei, als noch da drunten, siedend,
Der Abgrund schwoll und strömend Flammen trug;
Als Molochs Hammer, Fels an Felsen schmiedend,
Gebirges-Trümmer in die Ferne schlug.
Noch starrt das Land von fremden Centnermassen;
Wer gibt Erklärung solcher Schleudermacht?
Der Philosoph, er weiß es nicht zu fassen,
Da liegt der Fels, man muß ihn liegen lassen,
Zu Schanden haben wir uns schon gedacht. –
Das treu-gemeine Volk allein begreift
Und läßt sich im Begriff nicht stören;
Ihm ist die Weisheit längst gereift:
Ein Wunder ist’s, der Satan kommt zu Ehren.
Mein Wandrer hinkt an seiner Glaubenskrücke,
Zum Teufelsstein, zur Teufelsbrücke.
Faust.
Es ist doch auch bemerkenswerth zu achten,
Zu sehn wie Teufel die Natur betrachten.
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[254/0266] Als die Natur sich in sich selbst gegründet, Da hat sie rein den Erdball abgeründet. Der Gipfel sich, der Schluchten sich erfreut, Und Fels an Fels und Berg an Berg gereiht; Die Hügel dann bequem hinabgebildet, Mit sanftem Zug sie in das Thal gemildet. Da grünt’s und wächst’s, und um sich zu erfreuen Bedarf sie nicht der tollen Strudeleyen. Mephistopheles. Das sprecht ihr so! Das scheint euch sonnenklar, Doch weiß es anders der zugegen war. Ich war dabei, als noch da drunten, siedend, Der Abgrund schwoll und strömend Flammen trug; Als Molochs Hammer, Fels an Felsen schmiedend, Gebirges-Trümmer in die Ferne schlug. Noch starrt das Land von fremden Centnermassen; Wer gibt Erklärung solcher Schleudermacht? Der Philosoph, er weiß es nicht zu fassen, Da liegt der Fels, man muß ihn liegen lassen, Zu Schanden haben wir uns schon gedacht. – Das treu-gemeine Volk allein begreift Und läßt sich im Begriff nicht stören; Ihm ist die Weisheit längst gereift: Ein Wunder ist’s, der Satan kommt zu Ehren. Mein Wandrer hinkt an seiner Glaubenskrücke, Zum Teufelsstein, zur Teufelsbrücke. Faust. Es ist doch auch bemerkenswerth zu achten, Zu sehn wie Teufel die Natur betrachten.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/266>, abgerufen am 22.11.2024.