Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Burg gegen Burg, Stadt gegen Stadt, Zunft gegen Adel Fehde hat, Der Bischof mit Capitel und Gemeinde; Was sich nur ansah waren Feinde. In Kirchen Mord und Todtschlag, vor den Thoren Ist jeder Kauf- und Wandersmann verloren. Und allen wuchs die Kühnheit nicht gering; Denn leben hieß: sich wehren - Nun, das ging. Faust. Es ging, es hinkte, fiel, stand wieder auf, Dann überschlug sich's, rollte plump zu Hauf. Mephistopheles. Und solchen Zustand durfte niemand schelten, Ein jeder konnte, jeder wollte gelten: Der Kleinste selbst er galt für voll; Doch war's zuletzt den Besten allzutoll. Die Tüchtigen sie standen auf mit Kraft Und sagten: Herr ist der uns Ruhe schafft: Der Kaiser kann's nicht, will's nicht - laßt uns wählen Den neuen Kaiser, neu das Reich beseelen, Indem er jeden sicher stellt, In einer frisch geschaffnen Welt Fried' und Gerechtigkeit vermählen. Faust. Das klingt sehr pfäffisch. Mephistopheles. Pfaffen waren's auch, Sie sicherten den wohlgenährten Bauch;
Burg gegen Burg, Stadt gegen Stadt, Zunft gegen Adel Fehde hat, Der Bischof mit Capitel und Gemeinde; Was sich nur ansah waren Feinde. In Kirchen Mord und Todtschlag, vor den Thoren Ist jeder Kauf- und Wandersmann verloren. Und allen wuchs die Kühnheit nicht gering; Denn leben hieß: sich wehren – Nun, das ging. Faust. Es ging, es hinkte, fiel, stand wieder auf, Dann überschlug sich’s, rollte plump zu Hauf. Mephistopheles. Und solchen Zustand durfte niemand schelten, Ein jeder konnte, jeder wollte gelten: Der Kleinste selbst er galt für voll; Doch war’s zuletzt den Besten allzutoll. Die Tüchtigen sie standen auf mit Kraft Und sagten: Herr ist der uns Ruhe schafft: Der Kaiser kann’s nicht, will’s nicht – laßt uns wählen Den neuen Kaiser, neu das Reich beseelen, Indem er jeden sicher stellt, In einer frisch geschaffnen Welt Fried’ und Gerechtigkeit vermählen. Faust. Das klingt sehr pfäffisch. Mephistopheles. Pfaffen waren’s auch, Sie sicherten den wohlgenährten Bauch; <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0273" n="261"/> Burg gegen Burg, Stadt gegen Stadt,<lb/> Zunft gegen Adel Fehde hat,<lb/> Der Bischof mit Capitel und Gemeinde;<lb/> Was sich nur ansah waren Feinde.<lb/> In Kirchen Mord und Todtschlag, vor den Thoren<lb/> Ist jeder Kauf- und Wandersmann verloren.<lb/> Und allen wuchs die Kühnheit nicht gering;<lb/> Denn leben hieß: sich wehren – Nun, das ging.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Faust.</hi> </speaker><lb/> <p>Es ging, es hinkte, fiel, stand wieder auf,<lb/> Dann überschlug sich’s, rollte plump zu Hauf.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/> <p>Und solchen Zustand durfte niemand schelten,<lb/> Ein jeder konnte, jeder wollte gelten:<lb/> Der Kleinste selbst er galt für voll;<lb/> Doch war’s zuletzt den Besten allzutoll.<lb/> Die Tüchtigen sie standen auf mit Kraft<lb/> Und sagten: <hi rendition="#g">Herr</hi> ist der uns Ruhe schafft:<lb/> Der Kaiser kann’s nicht, will’s nicht – laßt uns wählen<lb/> Den neuen Kaiser, neu das Reich beseelen,<lb/> Indem er jeden sicher stellt,<lb/> In einer frisch geschaffnen Welt<lb/> Fried’ und Gerechtigkeit vermählen.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Faust.</hi> </speaker><lb/> <p>Das klingt sehr pfäffisch.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Pfaffen waren’s auch,</hi><lb/> Sie sicherten den wohlgenährten Bauch;<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [261/0273]
Burg gegen Burg, Stadt gegen Stadt,
Zunft gegen Adel Fehde hat,
Der Bischof mit Capitel und Gemeinde;
Was sich nur ansah waren Feinde.
In Kirchen Mord und Todtschlag, vor den Thoren
Ist jeder Kauf- und Wandersmann verloren.
Und allen wuchs die Kühnheit nicht gering;
Denn leben hieß: sich wehren – Nun, das ging.
Faust.
Es ging, es hinkte, fiel, stand wieder auf,
Dann überschlug sich’s, rollte plump zu Hauf.
Mephistopheles.
Und solchen Zustand durfte niemand schelten,
Ein jeder konnte, jeder wollte gelten:
Der Kleinste selbst er galt für voll;
Doch war’s zuletzt den Besten allzutoll.
Die Tüchtigen sie standen auf mit Kraft
Und sagten: Herr ist der uns Ruhe schafft:
Der Kaiser kann’s nicht, will’s nicht – laßt uns wählen
Den neuen Kaiser, neu das Reich beseelen,
Indem er jeden sicher stellt,
In einer frisch geschaffnen Welt
Fried’ und Gerechtigkeit vermählen.
Faust.
Das klingt sehr pfäffisch.
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Pfaffen waren’s auch,
Sie sicherten den wohlgenährten Bauch;
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