Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832. Philemon zu Baucis. Eile nur den Tisch zu decken, Wo's im Gärtchen munter blüht. Laß ihn rennen, ihn erschrecken, Denn er glaubt nicht was er sieht. (Ihm folgend.) Philemon (neben dem Wanderer stehend). Das euch grimmig mißgehandelt, Wog' auf Woge, schäumend wild, Seht als Garten ihr behandelt, Seht ein paradiesisch Bild. Aelter, war ich nicht zu Handen, Hülfreich nicht wie sonst bereit; Und, wie meine Kräfte schwanden, War auch schon die Woge weit. Kluger Herren kühne Knechte Gruben Gräben, dämmten ein, Schmälerten des Meeres Rechte, Herrn an seiner Statt zu seyn. Schaue grünend Wies' an Wiese, Anger, Garten, Dorf und Wald. Komm nun aber und genieße, Denn die Sonne scheidet bald. - Doch! im Fernsten ziehen Segel! Suchen nächtlich sichern Port - Kennen doch ihr Nest die Vögel - Denn jetzt ist der Hafen dort. Philemon zu Baucis. Eile nur den Tisch zu decken, Wo’s im Gärtchen munter blüht. Laß ihn rennen, ihn erschrecken, Denn er glaubt nicht was er sieht. (Ihm folgend.) Philemon (neben dem Wanderer stehend). Das euch grimmig mißgehandelt, Wog’ auf Woge, schäumend wild, Seht als Garten ihr behandelt, Seht ein paradiesisch Bild. Aelter, war ich nicht zu Handen, Hülfreich nicht wie sonst bereit; Und, wie meine Kräfte schwanden, War auch schon die Woge weit. Kluger Herren kühne Knechte Gruben Gräben, dämmten ein, Schmälerten des Meeres Rechte, Herrn an seiner Statt zu seyn. Schaue grünend Wies’ an Wiese, Anger, Garten, Dorf und Wald. Komm nun aber und genieße, Denn die Sonne scheidet bald. – Doch! im Fernsten ziehen Segel! Suchen nächtlich sichern Port – Kennen doch ihr Nest die Vögel – Denn jetzt ist der Hafen dort. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <pb facs="#f0311" n="299"/> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Philemon zu Baucis.</hi> </speaker><lb/> <p>Eile nur den Tisch zu decken,<lb/> Wo’s im Gärtchen munter blüht.<lb/> Laß ihn rennen, ihn erschrecken,<lb/> Denn er glaubt nicht was er sieht.<lb/></p> <stage>(Ihm folgend.)</stage><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Philemon</hi> </speaker><lb/> <stage>(neben dem Wanderer stehend).</stage><lb/> <p>Das euch grimmig mißgehandelt,<lb/> Wog’ auf Woge, schäumend wild,<lb/> Seht als Garten ihr behandelt,<lb/> Seht ein paradiesisch Bild.<lb/> Aelter, war ich nicht zu Handen,<lb/> Hülfreich nicht wie sonst bereit;<lb/> Und, wie meine Kräfte schwanden,<lb/> War auch schon die Woge weit.<lb/> Kluger Herren kühne Knechte<lb/> Gruben Gräben, dämmten ein,<lb/> Schmälerten des Meeres Rechte,<lb/> Herrn an seiner Statt zu seyn.<lb/> Schaue grünend Wies’ an Wiese,<lb/> Anger, Garten, Dorf und Wald.<lb/> Komm nun aber und genieße,<lb/> Denn die Sonne scheidet bald. –<lb/> Doch! im Fernsten ziehen Segel!<lb/> Suchen nächtlich sichern Port –<lb/> Kennen doch ihr Nest die Vögel –<lb/> Denn jetzt ist der Hafen dort.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [299/0311]
Philemon zu Baucis.
Eile nur den Tisch zu decken,
Wo’s im Gärtchen munter blüht.
Laß ihn rennen, ihn erschrecken,
Denn er glaubt nicht was er sieht.
(Ihm folgend.)
Philemon
(neben dem Wanderer stehend).
Das euch grimmig mißgehandelt,
Wog’ auf Woge, schäumend wild,
Seht als Garten ihr behandelt,
Seht ein paradiesisch Bild.
Aelter, war ich nicht zu Handen,
Hülfreich nicht wie sonst bereit;
Und, wie meine Kräfte schwanden,
War auch schon die Woge weit.
Kluger Herren kühne Knechte
Gruben Gräben, dämmten ein,
Schmälerten des Meeres Rechte,
Herrn an seiner Statt zu seyn.
Schaue grünend Wies’ an Wiese,
Anger, Garten, Dorf und Wald.
Komm nun aber und genieße,
Denn die Sonne scheidet bald. –
Doch! im Fernsten ziehen Segel!
Suchen nächtlich sichern Port –
Kennen doch ihr Nest die Vögel –
Denn jetzt ist der Hafen dort.
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