Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Du bist ja sonst des stärksten Muthes voll. Nun wird sich gleich ein Gräulichstes eräugnen: Hartnäckig wird es Welt und Nachwelt läugnen: Du schreib' es treulich in dein Protokoll. Herold (den Stab anfassend, welchen Plutus in der Hand behält). Die Zwerge führen den großen Pan Zur Feuerquelle sacht heran; Sie siedet auf vom tiefsten Schlund, Dann sinkt sie wieder hinab zum Grund, Und finster steht der offne Mund; Wallt wieder auf in Gluth und Sud, Der große Pan steht wohlgemuth, Freut sich des wundersamen Dings, Und Perlenschaum sprüht rechts und links. Wie mag er solchen Wesen traun? Er bückt sich tief hinein zu schaun. - Nun aber fällt sein Bart hinein! - Wer mag das glatte Kinn wohl seyn? Die Hand verbirgt es unserm Blick. - Nun folgt ein großes Ungeschick, Der Bart entflammt und fliegt zurück, Entzündet Kranz und Haupt und Brust, Zu Leiden wandelt sich die Lust. - Zu löschen läuft die Schaar herbei, Doch keiner bleibt von Flammen frei, Und wie es patscht und wie es schlägt Wird neues Flammen aufgeregt;
Du bist ja sonst des stärksten Muthes voll. Nun wird sich gleich ein Gräulichstes eräugnen: Hartnäckig wird es Welt und Nachwelt läugnen: Du schreib’ es treulich in dein Protokoll. Herold (den Stab anfassend, welchen Plutus in der Hand behält). Die Zwerge führen den großen Pan Zur Feuerquelle sacht heran; Sie siedet auf vom tiefsten Schlund, Dann sinkt sie wieder hinab zum Grund, Und finster steht der offne Mund; Wallt wieder auf in Gluth und Sud, Der große Pan steht wohlgemuth, Freut sich des wundersamen Dings, Und Perlenschaum sprüht rechts und links. Wie mag er solchen Wesen traun? Er bückt sich tief hinein zu schaun. – Nun aber fällt sein Bart hinein! – Wer mag das glatte Kinn wohl seyn? Die Hand verbirgt es unserm Blick. – Nun folgt ein großes Ungeschick, Der Bart entflammt und fliegt zurück, Entzündet Kranz und Haupt und Brust, Zu Leiden wandelt sich die Lust. – Zu löschen läuft die Schaar herbei, Doch keiner bleibt von Flammen frei, Und wie es patscht und wie es schlägt Wird neues Flammen aufgeregt; <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene"> <sp> <p><pb facs="#f0071" n="59"/> Du bist ja sonst des stärksten Muthes voll.<lb/> Nun wird sich gleich ein Gräulichstes eräugnen:<lb/> Hartnäckig wird es Welt und Nachwelt läugnen:<lb/> Du schreib’ es treulich in dein Protokoll.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Herold</hi> </speaker><lb/> <stage>(den Stab anfassend, welchen Plutus in der Hand behält).</stage><lb/> <p>Die Zwerge führen den großen Pan<lb/> Zur Feuerquelle sacht heran;<lb/> Sie siedet auf vom tiefsten Schlund,<lb/> Dann sinkt sie wieder hinab zum Grund,<lb/> Und finster steht der offne Mund;<lb/> Wallt wieder auf in Gluth und Sud,<lb/> Der große Pan steht wohlgemuth,<lb/> Freut sich des wundersamen Dings,<lb/> Und Perlenschaum sprüht rechts und links.<lb/> Wie mag er solchen Wesen traun?<lb/> Er bückt sich tief hinein zu schaun. –<lb/> Nun aber fällt sein Bart hinein! –<lb/> Wer mag das glatte Kinn wohl seyn?<lb/> Die Hand verbirgt es unserm Blick. –<lb/> Nun folgt ein großes Ungeschick,<lb/> Der Bart entflammt und fliegt zurück,<lb/> Entzündet Kranz und Haupt und Brust,<lb/> Zu Leiden wandelt sich die Lust. –<lb/> Zu löschen läuft die Schaar herbei,<lb/> Doch keiner bleibt von Flammen frei,<lb/> Und wie es patscht und wie es schlägt<lb/> Wird neues Flammen aufgeregt;<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [59/0071]
Du bist ja sonst des stärksten Muthes voll.
Nun wird sich gleich ein Gräulichstes eräugnen:
Hartnäckig wird es Welt und Nachwelt läugnen:
Du schreib’ es treulich in dein Protokoll.
Herold
(den Stab anfassend, welchen Plutus in der Hand behält).
Die Zwerge führen den großen Pan
Zur Feuerquelle sacht heran;
Sie siedet auf vom tiefsten Schlund,
Dann sinkt sie wieder hinab zum Grund,
Und finster steht der offne Mund;
Wallt wieder auf in Gluth und Sud,
Der große Pan steht wohlgemuth,
Freut sich des wundersamen Dings,
Und Perlenschaum sprüht rechts und links.
Wie mag er solchen Wesen traun?
Er bückt sich tief hinein zu schaun. –
Nun aber fällt sein Bart hinein! –
Wer mag das glatte Kinn wohl seyn?
Die Hand verbirgt es unserm Blick. –
Nun folgt ein großes Ungeschick,
Der Bart entflammt und fliegt zurück,
Entzündet Kranz und Haupt und Brust,
Zu Leiden wandelt sich die Lust. –
Zu löschen läuft die Schaar herbei,
Doch keiner bleibt von Flammen frei,
Und wie es patscht und wie es schlägt
Wird neues Flammen aufgeregt;
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/71>, abgerufen am 18.07.2024. |