Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Im Jüngling als Ambrosia bereitet, Und atmosphärisch rings umher verbreitet. Helena (hervortretend). Mephistopheles. Das wär' sie denn! Vor dieser hätt' ich Ruh'; Hübsch ist sie wohl, doch sagt sie mir nicht zu. Astrolog. Für mich ist dießmal weiter nichts zu thun, Als Ehrenmann gesteh', bekenn' ich's nun. Die Schöne kommt, und hätt' ich Feuerzungen! - Von Schönheit ward von jeher viel gesungen - Wem sie erscheint wird aus sich selbst entrückt, Wem sie gehörte ward zu hoch beglückt. Faust.
Hab' ich noch Augen? Zeigt sich tief im Sinn Der Schönheit Quelle vollen Stroms ergossen? Mein Schreckensgang bringt seligsten Gewinn. Wie war die Welt mir nichtig, unerschlossen! Was ist sie nun seit meiner Priesterschaft? Erst wünschenswerth, gegründet, dauerhaft! Verschwinde mir des Lebens Athemkraft, Wenn ich mich je von dir zurückgewöhne! - Die Wohlgestalt die mich voreinst entzückte, In Zauberspiegelung beglückte, War nur ein Schaumbild solcher Schöne! - Du bist's der ich die Regung aller Kraft, Den Inbegriff der Leidenschaft, Dir Neigung, Lieb', Anbetung, Wahnsinn zolle.
Im Jüngling als Ambrosia bereitet, Und atmosphärisch rings umher verbreitet. Helena (hervortretend). Mephistopheles. Das wär’ sie denn! Vor dieser hätt’ ich Ruh’; Hübsch ist sie wohl, doch sagt sie mir nicht zu. Astrolog. Für mich ist dießmal weiter nichts zu thun, Als Ehrenmann gesteh’, bekenn’ ich’s nun. Die Schöne kommt, und hätt’ ich Feuerzungen! – Von Schönheit ward von jeher viel gesungen – Wem sie erscheint wird aus sich selbst entrückt, Wem sie gehörte ward zu hoch beglückt. Faust.
Hab’ ich noch Augen? Zeigt sich tief im Sinn Der Schönheit Quelle vollen Stroms ergossen? Mein Schreckensgang bringt seligsten Gewinn. Wie war die Welt mir nichtig, unerschlossen! Was ist sie nun seit meiner Priesterschaft? Erst wünschenswerth, gegründet, dauerhaft! Verschwinde mir des Lebens Athemkraft, Wenn ich mich je von dir zurückgewöhne! – Die Wohlgestalt die mich voreinst entzückte, In Zauberspiegelung beglückte, War nur ein Schaumbild solcher Schöne! – Du bist’s der ich die Regung aller Kraft, Den Inbegriff der Leidenschaft, Dir Neigung, Lieb’, Anbetung, Wahnsinn zolle. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0099" n="87"/> Im Jüngling als Ambrosia bereitet,<lb/> Und atmosphärisch rings umher verbreitet.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Helena</hi> </speaker> <stage>(hervortretend).</stage><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/> <p>Das wär’ sie denn! Vor dieser hätt’ ich Ruh’;<lb/> Hübsch ist sie wohl, doch sagt sie mir nicht zu.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Astrolog.</hi> </speaker><lb/> <p>Für mich ist dießmal weiter nichts zu thun,<lb/> Als Ehrenmann gesteh’, bekenn’ ich’s nun.<lb/> Die Schöne kommt, und hätt’ ich Feuerzungen! –<lb/> Von Schönheit ward von jeher viel gesungen –<lb/> Wem sie erscheint wird aus sich selbst entrückt,<lb/> Wem sie gehörte ward zu hoch beglückt.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Faust.</hi> </speaker><lb/> <p>Hab’ ich noch Augen? Zeigt sich tief im Sinn<lb/> Der Schönheit Quelle vollen Stroms ergossen?<lb/> Mein Schreckensgang bringt seligsten Gewinn.<lb/> Wie war die Welt mir nichtig, unerschlossen!<lb/> Was ist sie nun seit meiner Priesterschaft?<lb/> Erst wünschenswerth, gegründet, dauerhaft!<lb/> Verschwinde mir des Lebens Athemkraft,<lb/> Wenn ich mich je von dir zurückgewöhne! –<lb/> Die Wohlgestalt die mich voreinst entzückte,<lb/> In Zauberspiegelung beglückte,<lb/> War nur ein Schaumbild solcher Schöne! –<lb/> Du bist’s der ich die Regung aller Kraft,<lb/> Den Inbegriff der Leidenschaft,<lb/> Dir Neigung, Lieb’, Anbetung, Wahnsinn zolle.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [87/0099]
Im Jüngling als Ambrosia bereitet,
Und atmosphärisch rings umher verbreitet.
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Mephistopheles.
Das wär’ sie denn! Vor dieser hätt’ ich Ruh’;
Hübsch ist sie wohl, doch sagt sie mir nicht zu.
Astrolog.
Für mich ist dießmal weiter nichts zu thun,
Als Ehrenmann gesteh’, bekenn’ ich’s nun.
Die Schöne kommt, und hätt’ ich Feuerzungen! –
Von Schönheit ward von jeher viel gesungen –
Wem sie erscheint wird aus sich selbst entrückt,
Wem sie gehörte ward zu hoch beglückt.
Faust.
Hab’ ich noch Augen? Zeigt sich tief im Sinn
Der Schönheit Quelle vollen Stroms ergossen?
Mein Schreckensgang bringt seligsten Gewinn.
Wie war die Welt mir nichtig, unerschlossen!
Was ist sie nun seit meiner Priesterschaft?
Erst wünschenswerth, gegründet, dauerhaft!
Verschwinde mir des Lebens Athemkraft,
Wenn ich mich je von dir zurückgewöhne! –
Die Wohlgestalt die mich voreinst entzückte,
In Zauberspiegelung beglückte,
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/99>, abgerufen am 16.07.2024. |