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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790.

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Faust
Und sehe, daß wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Zwar bin ich gescheidter als alle die Laffen,
Doctoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;
Mich plagen keine Scrupel noch Zweifel,
Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel --
Dafür ist mir auch alle Freud' entrissen,
Bilde mir nicht ein was rechts zu wissen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
Auch hab' ich weder Gut noch Geld,
Noch Ehr' und Herrlichkeit der Welt.
Es möchte kein Hund so länger leben!
Drum hab' ich mich der Magie ergeben,
Ob mir, durch Geistes Kraft und Mund
Nicht manch Geheimniß würde kund;
Daß ich nicht mehr, mit saurem Schweiß,
Zu sagen brauche, was ich nicht weiß;
Daß ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammen hält,
Schau' alle Wirkenskraft und Samen,
Und thu' nicht mehr in Worten kramen.

Fauſt
Und ſehe, daß wir nichts wiſſen können!
Das will mir ſchier das Herz verbrennen.
Zwar bin ich geſcheidter als alle die Laffen,
Doctoren, Magiſter, Schreiber und Pfaffen;
Mich plagen keine Scrupel noch Zweifel,
Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel —
Dafür iſt mir auch alle Freud’ entriſſen,
Bilde mir nicht ein was rechts zu wiſſen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Die Menſchen zu beſſern und zu bekehren.
Auch hab’ ich weder Gut noch Geld,
Noch Ehr’ und Herrlichkeit der Welt.
Es möchte kein Hund ſo länger leben!
Drum hab’ ich mich der Magie ergeben,
Ob mir, durch Geiſtes Kraft und Mund
Nicht manch Geheimniß würde kund;
Daß ich nicht mehr, mit ſaurem Schweiß,
Zu ſagen brauche, was ich nicht weiß;
Daß ich erkenne, was die Welt
Im Innerſten zuſammen hält,
Schau’ alle Wirkenskraft und Samen,
Und thu’ nicht mehr in Worten kramen.

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[4/0014] Fauſt Und ſehe, daß wir nichts wiſſen können! Das will mir ſchier das Herz verbrennen. Zwar bin ich geſcheidter als alle die Laffen, Doctoren, Magiſter, Schreiber und Pfaffen; Mich plagen keine Scrupel noch Zweifel, Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel — Dafür iſt mir auch alle Freud’ entriſſen, Bilde mir nicht ein was rechts zu wiſſen, Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren, Die Menſchen zu beſſern und zu bekehren. Auch hab’ ich weder Gut noch Geld, Noch Ehr’ und Herrlichkeit der Welt. Es möchte kein Hund ſo länger leben! Drum hab’ ich mich der Magie ergeben, Ob mir, durch Geiſtes Kraft und Mund Nicht manch Geheimniß würde kund; Daß ich nicht mehr, mit ſaurem Schweiß, Zu ſagen brauche, was ich nicht weiß; Daß ich erkenne, was die Welt Im Innerſten zuſammen hält, Schau’ alle Wirkenskraft und Samen, Und thu’ nicht mehr in Worten kramen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790/14>, abgerufen am 21.11.2024.