Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787.Ein Schauspiel. Iphigenie. Schilt Nur mich, die Schuld ist mein, ich fühl' es wohl; Doch konnt' ich anders nicht dem Mann be- gegnen, Der mit Vernunft und Ernst von mir verlangte, Was ihm mein Herz als recht gestehen mußte. Pylades. Gefährlicher zieht sich's zusammen; doch auch so Laß uns nicht zagen, oder unbesonnen Und übereilt uns selbst verrathen. Ruhig Erwarte du die Wiederkunft des Bothen, Und dann steh fest, er bringe was er will: Denn solcher Weihung Feier anzuordnen Gehört der Priesterinn und nicht dem König. Und fordert er den fremden Mann zu sehn, Der von dem Wahnsinn schwer belastet ist; So lehn' es ab, als hieltest du uns beyde Im Tempel wohl verwahrt. So schaff' uns Luft, G
Ein Schauſpiel. Iphigenie. Schilt Nur mich, die Schuld iſt mein, ich fühl’ es wohl; Doch konnt’ ich anders nicht dem Mann be- gegnen, Der mit Vernunft und Ernſt von mir verlangte, Was ihm mein Herz als recht geſtehen mußte. Pylades. Gefährlicher zieht ſich’s zuſammen; doch auch ſo Laß uns nicht zagen, oder unbeſonnen Und übereilt uns ſelbſt verrathen. Ruhig Erwarte du die Wiederkunft des Bothen, Und dann ſteh feſt, er bringe was er will: Denn ſolcher Weihung Feier anzuordnen Gehört der Prieſterinn und nicht dem König. Und fordert er den fremden Mann zu ſehn, Der von dem Wahnſinn ſchwer belaſtet iſt; So lehn’ es ab, als hielteſt du uns beyde Im Tempel wohl verwahrt. So ſchaff’ uns Luft, G
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Ein Schauſpiel.
Iphigenie.
Schilt
Nur mich, die Schuld iſt mein, ich fühl’ es
wohl;
Doch konnt’ ich anders nicht dem Mann be-
gegnen,
Der mit Vernunft und Ernſt von mir verlangte,
Was ihm mein Herz als recht geſtehen mußte.
Pylades.
Gefährlicher zieht ſich’s zuſammen; doch auch ſo
Laß uns nicht zagen, oder unbeſonnen
Und übereilt uns ſelbſt verrathen. Ruhig
Erwarte du die Wiederkunft des Bothen,
Und dann ſteh feſt, er bringe was er will:
Denn ſolcher Weihung Feier anzuordnen
Gehört der Prieſterinn und nicht dem König.
Und fordert er den fremden Mann zu ſehn,
Der von dem Wahnſinn ſchwer belaſtet iſt;
So lehn’ es ab, als hielteſt du uns beyde
Im Tempel wohl verwahrt. So ſchaff’ uns
Luft,
G
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