Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787.Ein Schauspiel, Thoas. Gehorche deinem Dienste, nicht dem Herrn. Iphigenie. Laß ab! beschönige nicht die Gewalt, Die sich der Schwachheit eines Weibes freut. Ich bin so frey geboren als ein Mann. Stünd' Agamemnons Sohn dir gegenüber, Und du verlangtest was sich nicht gebührt: So hat auch Er ein Schwert und einen Arm, Die Rechte seines Busens zu vertheid'gen. Ich habe nichts als Worte, und es ziemt Dem edlen Mann, der Frauen Wort zu achten. Thoas. Ich acht' es mehr als eines Bruders Schwert. Iphigenie. Das Loos der Waffen wechselt hin und her: Kein kluger Streiter hält den Feind gering. Auch ohne Hülfe gegen Trutz und Härte Hat die Natur den Schwachen nicht gelassen. Sie gab zur List ihm Freude, lehrt' ihn Künste; H 2
Ein Schauſpiel, Thoas. Gehorche deinem Dienſte, nicht dem Herrn. Iphigenie. Laß ab! beſchönige nicht die Gewalt, Die ſich der Schwachheit eines Weibes freut. Ich bin ſo frey geboren als ein Mann. Stünd’ Agamemnons Sohn dir gegenüber, Und du verlangteſt was ſich nicht gebührt: So hat auch Er ein Schwert und einen Arm, Die Rechte ſeines Buſens zu vertheid’gen. Ich habe nichts als Worte, und es ziemt Dem edlen Mann, der Frauen Wort zu achten. Thoas. Ich acht’ es mehr als eines Bruders Schwert. Iphigenie. Das Loos der Waffen wechſelt hin und her: Kein kluger Streiter hält den Feind gering. Auch ohne Hülfe gegen Trutz und Härte Hat die Natur den Schwachen nicht gelaſſen. Sie gab zur Liſt ihm Freude, lehrt’ ihn Künſte; H 2
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Ein Schauſpiel,
Thoas.
Gehorche deinem Dienſte, nicht dem Herrn.
Iphigenie.
Laß ab! beſchönige nicht die Gewalt,
Die ſich der Schwachheit eines Weibes freut.
Ich bin ſo frey geboren als ein Mann.
Stünd’ Agamemnons Sohn dir gegenüber,
Und du verlangteſt was ſich nicht gebührt:
So hat auch Er ein Schwert und einen Arm,
Die Rechte ſeines Buſens zu vertheid’gen.
Ich habe nichts als Worte, und es ziemt
Dem edlen Mann, der Frauen Wort zu achten.
Thoas.
Ich acht’ es mehr als eines Bruders Schwert.
Iphigenie.
Das Loos der Waffen wechſelt hin und her:
Kein kluger Streiter hält den Feind gering.
Auch ohne Hülfe gegen Trutz und Härte
Hat die Natur den Schwachen nicht gelaſſen.
Sie gab zur Liſt ihm Freude, lehrt’ ihn Künſte;
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