Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787.Ein Schauspiel. Iphigenie. Nicht so, mein König! Ohne Segen, In Widerwillen, scheid' ich nicht von dir. Verbann' uns nicht! Ein freundlich Gastrecht walte Von dir zu uns: so sind wir nicht auf ewig Getrennt und abgeschieden. Werth und theuer Wie mir mein Vater war, so bist du's mir, Und dieser Eindruck bleibt in meiner Seele. Bringt der Geringste deines Volkes je Den Ton der Stimme mir in's Ohr zurück, Den ich an euch gewohnt zu hören bin, Und seh' ich an dem Ärmsten eure Tracht; Empfangen will ich ihn wie einen Gott, Ich will ihm selbst ein Lager zubereiten, Auf einen Stuhl ihn an das Feuer laden, Und nur nach dir und deinem Schicksal fragen. O geben dir die Götter deiner Thaten Und deiner Milde wohlverdienten Lohn! Leb wohl! O wende dich zu uns und gib Ein holdes Wort des Abschieds mir zurück! Ein Schauſpiel. Iphigenie. Nicht ſo, mein König! Ohne Segen, In Widerwillen, ſcheid’ ich nicht von dir. Verbann’ uns nicht! Ein freundlich Gaſtrecht walte Von dir zu uns: ſo ſind wir nicht auf ewig Getrennt und abgeſchieden. Werth und theuer Wie mir mein Vater war, ſo biſt du’s mir, Und dieſer Eindruck bleibt in meiner Seele. Bringt der Geringſte deines Volkes je Den Ton der Stimme mir in’s Ohr zurück, Den ich an euch gewohnt zu hören bin, Und ſeh’ ich an dem Ärmſten eure Tracht; Empfangen will ich ihn wie einen Gott, Ich will ihm ſelbſt ein Lager zubereiten, Auf einen Stuhl ihn an das Feuer laden, Und nur nach dir und deinem Schickſal fragen. O geben dir die Götter deiner Thaten Und deiner Milde wohlverdienten Lohn! Leb wohl! O wende dich zu uns und gib Ein holdes Wort des Abſchieds mir zurück! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0144" n="135"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schauſpiel</hi>.</fw><lb/> <sp who="#IPH"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Iphigenie</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Nicht ſo, mein König! Ohne Segen,<lb/> In Widerwillen, ſcheid’ ich nicht von dir.<lb/> Verbann’ uns nicht! Ein freundlich Gaſtrecht<lb/> walte<lb/> Von dir zu uns: ſo ſind wir nicht auf ewig<lb/> Getrennt und abgeſchieden. Werth und theuer<lb/> Wie mir mein Vater war, ſo biſt du’s mir,<lb/> Und dieſer Eindruck bleibt in meiner Seele.<lb/> Bringt der Geringſte deines Volkes je<lb/> Den Ton der Stimme mir in’s Ohr zurück,<lb/> Den ich an euch gewohnt zu hören bin,<lb/> Und ſeh’ ich an dem Ärmſten eure Tracht;<lb/> Empfangen will ich ihn wie einen Gott,<lb/> Ich will ihm ſelbſt ein Lager zubereiten,<lb/> Auf einen Stuhl ihn an das Feuer laden,<lb/> Und nur nach dir und deinem Schickſal fragen.<lb/> O geben dir die Götter deiner Thaten<lb/> Und deiner Milde wohlverdienten Lohn!<lb/> Leb wohl! O wende dich zu uns und gib<lb/> Ein holdes Wort des Abſchieds mir zurück!<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0144]
Ein Schauſpiel.
Iphigenie.
Nicht ſo, mein König! Ohne Segen,
In Widerwillen, ſcheid’ ich nicht von dir.
Verbann’ uns nicht! Ein freundlich Gaſtrecht
walte
Von dir zu uns: ſo ſind wir nicht auf ewig
Getrennt und abgeſchieden. Werth und theuer
Wie mir mein Vater war, ſo biſt du’s mir,
Und dieſer Eindruck bleibt in meiner Seele.
Bringt der Geringſte deines Volkes je
Den Ton der Stimme mir in’s Ohr zurück,
Den ich an euch gewohnt zu hören bin,
Und ſeh’ ich an dem Ärmſten eure Tracht;
Empfangen will ich ihn wie einen Gott,
Ich will ihm ſelbſt ein Lager zubereiten,
Auf einen Stuhl ihn an das Feuer laden,
Und nur nach dir und deinem Schickſal fragen.
O geben dir die Götter deiner Thaten
Und deiner Milde wohlverdienten Lohn!
Leb wohl! O wende dich zu uns und gib
Ein holdes Wort des Abſchieds mir zurück!
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