Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787.Ein Schauspiel. Du wendest schaudernd dein Gesicht, o König:So wendete die Sonn' ihr Antlitz weg Und ihren Wagen aus dem ew'gen Gleise. Dieß sind die Ahnherrn deiner Priesterinn; Und viel unseliges Geschick der Männer, Viel Thaten des verworrnen Sinnes deckt Die Nacht mit schweren Fittigen und läßt Uns nur in grauenvolle Dämmrung sehn. Thoas. Verbirg sie schweigend auch. Es sey genug Der Gräuel! Sage nun, durch welch ein Wunder Von diesem wilden Stamme Du entsprangst. Iphigenie. Des Atreus ältster Sohn war Agamemnon; Er ist mein Vater. Doch ich darf es sagen, In ihm hab' ich seit meiner ersten Zeit Ein Muster des vollkommnen Manns gesehn. Ihm brachte Clytemnestra mich, den Erstling Der Liebe, dann Elektren. Ruhig herrschte Der König, und es war dem Hause Tantals Die lang' entbehrte Rast gewährt. Allein Ein Schauſpiel. Du wendeſt ſchaudernd dein Geſicht, o König:So wendete die Sonn’ ihr Antlitz weg Und ihren Wagen aus dem ew’gen Gleiſe. Dieß ſind die Ahnherrn deiner Prieſterinn; Und viel unſeliges Geſchick der Männer, Viel Thaten des verworrnen Sinnes deckt Die Nacht mit ſchweren Fittigen und läßt Uns nur in grauenvolle Dämmrung ſehn. Thoas. Verbirg ſie ſchweigend auch. Es ſey genug Der Gräuel! Sage nun, durch welch ein Wunder Von dieſem wilden Stamme Du entſprangſt. Iphigenie. Des Atreus ältſter Sohn war Agamemnon; Er iſt mein Vater. Doch ich darf es ſagen, In ihm hab’ ich ſeit meiner erſten Zeit Ein Muſter des vollkommnen Manns geſehn. Ihm brachte Clytemneſtra mich, den Erſtling Der Liebe, dann Elektren. Ruhig herrſchte Der König, und es war dem Hauſe Tantals Die lang’ entbehrte Raſt gewährt. Allein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#IPH"> <p><pb facs="#f0034" n="25"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schauſpiel.</hi></fw><lb/> Du wendeſt ſchaudernd dein Geſicht, o König:<lb/> So wendete die Sonn’ ihr Antlitz weg<lb/> Und ihren Wagen aus dem ew’gen Gleiſe.<lb/> Dieß ſind die Ahnherrn deiner Prieſterinn;<lb/> Und viel unſeliges Geſchick der Männer,<lb/> Viel Thaten des verworrnen Sinnes deckt<lb/> Die Nacht mit ſchweren Fittigen und läßt<lb/> Uns nur in grauenvolle Dämmrung ſehn.</p> </sp><lb/> <sp who="#THO"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Thoas.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Verbirg ſie ſchweigend auch. Es ſey genug<lb/> Der Gräuel! Sage nun, durch welch ein<lb/> Wunder<lb/> Von dieſem wilden Stamme Du entſprangſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#IPH"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Iphigenie.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Des Atreus ältſter Sohn war Agamemnon;<lb/> Er iſt mein Vater. Doch ich darf es ſagen,<lb/> In ihm hab’ ich ſeit meiner erſten Zeit<lb/> Ein Muſter des vollkommnen Manns geſehn.<lb/> Ihm brachte Clytemneſtra mich, den Erſtling<lb/> Der Liebe, dann Elektren. Ruhig herrſchte<lb/> Der König, und es war dem Hauſe Tantals<lb/> Die lang’ entbehrte Raſt gewährt. Allein<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0034]
Ein Schauſpiel.
Du wendeſt ſchaudernd dein Geſicht, o König:
So wendete die Sonn’ ihr Antlitz weg
Und ihren Wagen aus dem ew’gen Gleiſe.
Dieß ſind die Ahnherrn deiner Prieſterinn;
Und viel unſeliges Geſchick der Männer,
Viel Thaten des verworrnen Sinnes deckt
Die Nacht mit ſchweren Fittigen und läßt
Uns nur in grauenvolle Dämmrung ſehn.
Thoas.
Verbirg ſie ſchweigend auch. Es ſey genug
Der Gräuel! Sage nun, durch welch ein
Wunder
Von dieſem wilden Stamme Du entſprangſt.
Iphigenie.
Des Atreus ältſter Sohn war Agamemnon;
Er iſt mein Vater. Doch ich darf es ſagen,
In ihm hab’ ich ſeit meiner erſten Zeit
Ein Muſter des vollkommnen Manns geſehn.
Ihm brachte Clytemneſtra mich, den Erſtling
Der Liebe, dann Elektren. Ruhig herrſchte
Der König, und es war dem Hauſe Tantals
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