denklich. -- Drey Aepfel, sagte ich, drey Ju¬ welen. -- "Und was verlangst du zum Lohn?" rief er aus. -- Vor allen Dingen das kleine Geschöpf, versetzte ich, die mich in diesen verwünschten Zustand gebracht hat. -- Der Alte warf sich vor mir nieder, ohne sich vor der noch feuchten und schlammigen Erde zu scheuen; dann stand er auf, ohne benetzt zu seyn, nahm mich freundlich bey der Hand, führte mich in jenen Saal, kleidete mich be¬ hend wieder an, und bald war ich wieder sonntägig geputzt und frisirt wie vorher. Der Pförtner sprach kein Wort weiter; aber ehe er mich über die Schwelle ließ, hielt er mich an, und deutete mir auf einige Gegenstände an der Mauer drüben über den Weg, indem er zu¬ gleich rückwärts auf das Pförtchen zeigte. Ich verstand ihn wohl; er wollte nämlich, daß ich mir die Gegenstände einprägen möchte, um das Pförtchen desto gewisser wieder zu finden, welches sich unversehens hinter mir zuschloß. Ich merkte mir nun wohl, was mir
denklich. — Drey Aepfel, ſagte ich, drey Ju¬ welen. — „Und was verlangſt du zum Lohn?“ rief er aus. — Vor allen Dingen das kleine Geſchoͤpf, verſetzte ich, die mich in dieſen verwuͤnſchten Zuſtand gebracht hat. — Der Alte warf ſich vor mir nieder, ohne ſich vor der noch feuchten und ſchlammigen Erde zu ſcheuen; dann ſtand er auf, ohne benetzt zu ſeyn, nahm mich freundlich bey der Hand, fuͤhrte mich in jenen Saal, kleidete mich be¬ hend wieder an, und bald war ich wieder ſonntaͤgig geputzt und friſirt wie vorher. Der Pfoͤrtner ſprach kein Wort weiter; aber ehe er mich uͤber die Schwelle ließ, hielt er mich an, und deutete mir auf einige Gegenſtaͤnde an der Mauer druͤben uͤber den Weg, indem er zu¬ gleich ruͤckwaͤrts auf das Pfoͤrtchen zeigte. Ich verſtand ihn wohl; er wollte naͤmlich, daß ich mir die Gegenſtaͤnde einpraͤgen moͤchte, um das Pfoͤrtchen deſto gewiſſer wieder zu finden, welches ſich unverſehens hinter mir zuſchloß. Ich merkte mir nun wohl, was mir
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0151"n="135"/>
denklich. — Drey Aepfel, ſagte ich, drey Ju¬<lb/>
welen. —„Und was verlangſt du zum<lb/>
Lohn?“ rief er aus. — Vor allen Dingen<lb/>
das kleine Geſchoͤpf, verſetzte ich, die mich in<lb/>
dieſen verwuͤnſchten Zuſtand gebracht hat. —<lb/>
Der Alte warf ſich vor mir nieder, ohne ſich<lb/>
vor der noch feuchten und ſchlammigen Erde<lb/>
zu ſcheuen; dann ſtand er auf, ohne benetzt zu<lb/>ſeyn, nahm mich freundlich bey der Hand,<lb/>
fuͤhrte mich in jenen Saal, kleidete mich be¬<lb/>
hend wieder an, und bald war ich wieder<lb/>ſonntaͤgig geputzt und friſirt wie vorher. Der<lb/>
Pfoͤrtner ſprach kein Wort weiter; aber ehe er<lb/>
mich uͤber die Schwelle ließ, hielt er mich an,<lb/>
und deutete mir auf einige Gegenſtaͤnde an der<lb/>
Mauer druͤben uͤber den Weg, indem er zu¬<lb/>
gleich ruͤckwaͤrts auf das Pfoͤrtchen zeigte.<lb/>
Ich verſtand ihn wohl; er wollte naͤmlich, daß<lb/>
ich mir die Gegenſtaͤnde einpraͤgen moͤchte,<lb/>
um das Pfoͤrtchen deſto gewiſſer wieder zu<lb/>
finden, welches ſich unverſehens hinter mir<lb/>
zuſchloß. Ich merkte mir nun wohl, was mir<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[135/0151]
denklich. — Drey Aepfel, ſagte ich, drey Ju¬
welen. — „Und was verlangſt du zum
Lohn?“ rief er aus. — Vor allen Dingen
das kleine Geſchoͤpf, verſetzte ich, die mich in
dieſen verwuͤnſchten Zuſtand gebracht hat. —
Der Alte warf ſich vor mir nieder, ohne ſich
vor der noch feuchten und ſchlammigen Erde
zu ſcheuen; dann ſtand er auf, ohne benetzt zu
ſeyn, nahm mich freundlich bey der Hand,
fuͤhrte mich in jenen Saal, kleidete mich be¬
hend wieder an, und bald war ich wieder
ſonntaͤgig geputzt und friſirt wie vorher. Der
Pfoͤrtner ſprach kein Wort weiter; aber ehe er
mich uͤber die Schwelle ließ, hielt er mich an,
und deutete mir auf einige Gegenſtaͤnde an der
Mauer druͤben uͤber den Weg, indem er zu¬
gleich ruͤckwaͤrts auf das Pfoͤrtchen zeigte.
Ich verſtand ihn wohl; er wollte naͤmlich, daß
ich mir die Gegenſtaͤnde einpraͤgen moͤchte,
um das Pfoͤrtchen deſto gewiſſer wieder zu
finden, welches ſich unverſehens hinter mir
zuſchloß. Ich merkte mir nun wohl, was mir
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/151>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.