so daß es dem guten Seekaz, der eben in dem Zimmer arbeitete, sehr verdrießlich war: denn er hatte mich gern um sich; und ich trieb aus einer kleinen Tücke den Gehorsam so weit, daß ich Seekazen seinen Kaffe, den ich ihm gewöhnlich brachte, auf die Schwelle setzte; da er denn von seiner Arbeit aufstehen und ihn holen mußte, welches er so übel empfand, daß er mir fast gram geworden wäre.
Nun aber scheint es nöthig, umständli¬ cher anzuzeigen und begreiflich zu machen, wie ich mir in solchen Fällen in der franzö¬ sischen Sprache, die ich doch nicht gelernt, mit mehr oder weniger Bequemlichkeit durch¬ geholfen. Auch hier kam mir die angeborne Gabe zu statten, daß ich leicht den Schall und Klang einer Sprache, ihre Bewegung, ihren Accent, den Ton und was sonst von äußern Eigenthümlichkeiten, fassen konnte. Aus dem Lateinischen waren mir viele Worte
ſo daß es dem guten Seekaz, der eben in dem Zimmer arbeitete, ſehr verdrießlich war: denn er hatte mich gern um ſich; und ich trieb aus einer kleinen Tuͤcke den Gehorſam ſo weit, daß ich Seekazen ſeinen Kaffe, den ich ihm gewoͤhnlich brachte, auf die Schwelle ſetzte; da er denn von ſeiner Arbeit aufſtehen und ihn holen mußte, welches er ſo uͤbel empfand, daß er mir faſt gram geworden waͤre.
Nun aber ſcheint es noͤthig, umſtaͤndli¬ cher anzuzeigen und begreiflich zu machen, wie ich mir in ſolchen Faͤllen in der franzoͤ¬ ſiſchen Sprache, die ich doch nicht gelernt, mit mehr oder weniger Bequemlichkeit durch¬ geholfen. Auch hier kam mir die angeborne Gabe zu ſtatten, daß ich leicht den Schall und Klang einer Sprache, ihre Bewegung, ihren Accent, den Ton und was ſonſt von aͤußern Eigenthuͤmlichkeiten, faſſen konnte. Aus dem Lateiniſchen waren mir viele Worte
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0218"n="202"/>ſo daß es dem guten Seekaz, der eben in<lb/>
dem Zimmer arbeitete, ſehr verdrießlich war:<lb/>
denn er hatte mich gern um ſich; und ich<lb/>
trieb aus einer kleinen Tuͤcke den Gehorſam<lb/>ſo weit, daß ich Seekazen ſeinen Kaffe, den<lb/>
ich ihm gewoͤhnlich brachte, auf die Schwelle<lb/>ſetzte; da er denn von ſeiner Arbeit aufſtehen<lb/>
und ihn holen mußte, welches er ſo uͤbel<lb/>
empfand, daß er mir faſt gram geworden waͤre.</p><lb/><p>Nun aber ſcheint es noͤthig, umſtaͤndli¬<lb/>
cher anzuzeigen und begreiflich zu machen,<lb/>
wie ich mir in ſolchen Faͤllen in der franzoͤ¬<lb/>ſiſchen Sprache, die ich doch nicht gelernt,<lb/>
mit mehr oder weniger Bequemlichkeit durch¬<lb/>
geholfen. Auch hier kam mir die angeborne<lb/>
Gabe zu ſtatten, daß ich leicht den Schall<lb/>
und Klang einer Sprache, ihre Bewegung,<lb/>
ihren Accent, den Ton und was ſonſt von<lb/>
aͤußern Eigenthuͤmlichkeiten, faſſen konnte.<lb/>
Aus dem Lateiniſchen waren mir viele Worte<lb/></p></div></body></text></TEI>
[202/0218]
ſo daß es dem guten Seekaz, der eben in
dem Zimmer arbeitete, ſehr verdrießlich war:
denn er hatte mich gern um ſich; und ich
trieb aus einer kleinen Tuͤcke den Gehorſam
ſo weit, daß ich Seekazen ſeinen Kaffe, den
ich ihm gewoͤhnlich brachte, auf die Schwelle
ſetzte; da er denn von ſeiner Arbeit aufſtehen
und ihn holen mußte, welches er ſo uͤbel
empfand, daß er mir faſt gram geworden waͤre.
Nun aber ſcheint es noͤthig, umſtaͤndli¬
cher anzuzeigen und begreiflich zu machen,
wie ich mir in ſolchen Faͤllen in der franzoͤ¬
ſiſchen Sprache, die ich doch nicht gelernt,
mit mehr oder weniger Bequemlichkeit durch¬
geholfen. Auch hier kam mir die angeborne
Gabe zu ſtatten, daß ich leicht den Schall
und Klang einer Sprache, ihre Bewegung,
ihren Accent, den Ton und was ſonſt von
aͤußern Eigenthuͤmlichkeiten, faſſen konnte.
Aus dem Lateiniſchen waren mir viele Worte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/218>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.