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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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nen drey gegenüber wohnende Brüder von
Ochsenstein
, hinterlassene Söhne des verstor¬
benen Schultheißen, gar lieb, und beschäftigten
und neckten sich mit mir auf mancherley Weise.

Die Meinigen erzählten gern allerley Eu¬
lenspiegeleyen, zu denen mich jene sonst ernste
und einsame Männer angereizt. Ich führe nur
einen von diesen Streichen an. Es war eben
Topfmarkt gewesen, und man hatte nicht al¬
lein die Küche für die nächste Zeit mit solchen
Waaren versorgt, sondern auch uns Kindern
dergleichen Geschirr im Kleinen zu spielender
Beschäftigung eingekauft. An einem schönen
Nachmittag, da alles ruhig im Hause war,
trieb ich im Geräms mit meinen Schüsseln
und Töpfen mein Wesen, und da weiter nichts
dabey heraus kommen wollte, warf ich ein
Geschirr auf die Straße und freute mich, daß
es so lustig zerbrach. Die von Ochsenstein,
welche sahen, wie ich mich daran ergetzte, daß ich
so gar fröhlich in die Händchen patschte, riefen:

nen drey gegenuͤber wohnende Bruͤder von
Ochſenſtein
, hinterlaſſene Soͤhne des verſtor¬
benen Schultheißen, gar lieb, und beſchaͤftigten
und neckten ſich mit mir auf mancherley Weiſe.

Die Meinigen erzaͤhlten gern allerley Eu¬
lenſpiegeleyen, zu denen mich jene ſonſt ernſte
und einſame Maͤnner angereizt. Ich fuͤhre nur
einen von dieſen Streichen an. Es war eben
Topfmarkt geweſen, und man hatte nicht al¬
lein die Kuͤche fuͤr die naͤchſte Zeit mit ſolchen
Waaren verſorgt, ſondern auch uns Kindern
dergleichen Geſchirr im Kleinen zu ſpielender
Beſchaͤftigung eingekauft. An einem ſchoͤnen
Nachmittag, da alles ruhig im Hauſe war,
trieb ich im Geraͤms mit meinen Schuͤſſeln
und Toͤpfen mein Weſen, und da weiter nichts
dabey heraus kommen wollte, warf ich ein
Geſchirr auf die Straße und freute mich, daß
es ſo luſtig zerbrach. Die von Ochſenſtein,
welche ſahen, wie ich mich daran ergetzte, daß ich
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[6/0022] nen drey gegenuͤber wohnende Bruͤder von Ochſenſtein, hinterlaſſene Soͤhne des verſtor¬ benen Schultheißen, gar lieb, und beſchaͤftigten und neckten ſich mit mir auf mancherley Weiſe. Die Meinigen erzaͤhlten gern allerley Eu¬ lenſpiegeleyen, zu denen mich jene ſonſt ernſte und einſame Maͤnner angereizt. Ich fuͤhre nur einen von dieſen Streichen an. Es war eben Topfmarkt geweſen, und man hatte nicht al¬ lein die Kuͤche fuͤr die naͤchſte Zeit mit ſolchen Waaren verſorgt, ſondern auch uns Kindern dergleichen Geſchirr im Kleinen zu ſpielender Beſchaͤftigung eingekauft. An einem ſchoͤnen Nachmittag, da alles ruhig im Hauſe war, trieb ich im Geraͤms mit meinen Schuͤſſeln und Toͤpfen mein Weſen, und da weiter nichts dabey heraus kommen wollte, warf ich ein Geſchirr auf die Straße und freute mich, daß es ſo luſtig zerbrach. Die von Ochſenſtein, welche ſahen, wie ich mich daran ergetzte, daß ich ſo gar froͤhlich in die Haͤndchen patſchte, riefen:

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/22>, abgerufen am 30.04.2024.