schen, daß diese gefährliche Sache so glücklich abgelaufen ist." -- Keinesweges! versetzte mein Vater, mit Ingrimm; ich wollte sie hätten Euch zum Teufel gejagt, und wenn ich hätte mitfahren sollen. -- Der Graf hielt einen Augenblick inne, dann aber fuhr er mit Wuth auf: "Dieses sollt Ihr büßen! rief er: Ihr sollt nicht umsonst der gerechten Sache und mir eine solche Beleidigung zuge¬ fügt haben!"
Der Vater war indeß gelassen herunter¬ gestiegen, setzte sich zu uns, schien heitrer als bisher, und fing an zu essen. Wir freuten uns darüber, und wußten nicht, auf welche bedenkliche Weise er sich den Stein vom Her¬ zen gewälzt hatte. Kurz darauf wurde die Mutter herausgerufen, und wir hatten große Lust, dem Vater auszuplaudern, was uns der Graf für Süßigkeiten verehrt habe. Die Mutter kam nicht zurück. Endlich trat der Dolmetscher herein. Auf seinen Wink schickte
ſchen, daß dieſe gefaͤhrliche Sache ſo gluͤcklich abgelaufen iſt.“ — Keinesweges! verſetzte mein Vater, mit Ingrimm; ich wollte ſie haͤtten Euch zum Teufel gejagt, und wenn ich haͤtte mitfahren ſollen. — Der Graf hielt einen Augenblick inne, dann aber fuhr er mit Wuth auf: „Dieſes ſollt Ihr buͤßen! rief er: Ihr ſollt nicht umſonſt der gerechten Sache und mir eine ſolche Beleidigung zuge¬ fuͤgt haben!“
Der Vater war indeß gelaſſen herunter¬ geſtiegen, ſetzte ſich zu uns, ſchien heitrer als bisher, und fing an zu eſſen. Wir freuten uns daruͤber, und wußten nicht, auf welche bedenkliche Weiſe er ſich den Stein vom Her¬ zen gewaͤlzt hatte. Kurz darauf wurde die Mutter herausgerufen, und wir hatten große Luſt, dem Vater auszuplaudern, was uns der Graf fuͤr Suͤßigkeiten verehrt habe. Die Mutter kam nicht zuruͤck. Endlich trat der Dolmetſcher herein. Auf ſeinen Wink ſchickte
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0244"n="228"/>ſchen, daß dieſe gefaͤhrliche Sache ſo gluͤcklich<lb/>
abgelaufen iſt.“— Keinesweges! verſetzte<lb/>
mein Vater, mit Ingrimm; ich wollte ſie<lb/>
haͤtten Euch zum Teufel gejagt, und wenn<lb/>
ich haͤtte mitfahren ſollen. — Der Graf<lb/>
hielt einen Augenblick inne, dann aber fuhr<lb/>
er mit Wuth auf: „Dieſes ſollt Ihr buͤßen!<lb/>
rief er: Ihr ſollt nicht umſonſt der gerechten<lb/>
Sache und mir eine ſolche Beleidigung zuge¬<lb/>
fuͤgt haben!“</p><lb/><p>Der Vater war indeß gelaſſen herunter¬<lb/>
geſtiegen, ſetzte ſich zu uns, ſchien heitrer als<lb/>
bisher, und fing an zu eſſen. Wir freuten<lb/>
uns daruͤber, und wußten nicht, auf welche<lb/>
bedenkliche Weiſe er ſich den Stein vom Her¬<lb/>
zen gewaͤlzt hatte. Kurz darauf wurde die<lb/>
Mutter herausgerufen, und wir hatten große<lb/>
Luſt, dem Vater auszuplaudern, was uns<lb/>
der Graf fuͤr Suͤßigkeiten verehrt habe. Die<lb/>
Mutter kam nicht zuruͤck. Endlich trat der<lb/>
Dolmetſcher herein. Auf ſeinen Wink ſchickte<lb/></p></div></body></text></TEI>
[228/0244]
ſchen, daß dieſe gefaͤhrliche Sache ſo gluͤcklich
abgelaufen iſt.“ — Keinesweges! verſetzte
mein Vater, mit Ingrimm; ich wollte ſie
haͤtten Euch zum Teufel gejagt, und wenn
ich haͤtte mitfahren ſollen. — Der Graf
hielt einen Augenblick inne, dann aber fuhr
er mit Wuth auf: „Dieſes ſollt Ihr buͤßen!
rief er: Ihr ſollt nicht umſonſt der gerechten
Sache und mir eine ſolche Beleidigung zuge¬
fuͤgt haben!“
Der Vater war indeß gelaſſen herunter¬
geſtiegen, ſetzte ſich zu uns, ſchien heitrer als
bisher, und fing an zu eſſen. Wir freuten
uns daruͤber, und wußten nicht, auf welche
bedenkliche Weiſe er ſich den Stein vom Her¬
zen gewaͤlzt hatte. Kurz darauf wurde die
Mutter herausgerufen, und wir hatten große
Luſt, dem Vater auszuplaudern, was uns
der Graf fuͤr Suͤßigkeiten verehrt habe. Die
Mutter kam nicht zuruͤck. Endlich trat der
Dolmetſcher herein. Auf ſeinen Wink ſchickte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/244>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.