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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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vor die Thore, wir sperren die Stadt, wir
halten, wir vertheidigen uns, um unsere Reti¬
rade über die Brücke zu decken. Glaubt ihr,
daß der Feind die Hände in den Schoß ge¬
legt hätte? Er wirft Granaten und was er
bey der Hand hat, und sie zünden wo sie
können. Dieser Hausbesitzer da, was will er?
In diesen Zimmern hier platzte jetzt wohl eine
Feuerkugel und eine andere folgte hinterdrein;
in diesen Zimmern, deren vermaledeyte Pe¬
king-Tapeten ich geschont, mich genirt habe,
meine Landcharten nicht aufzunageln! Den
ganzen Tag hätten sie auf den Knieen liegen
sollen."

Wie viele haben das gethan!

"Sie hätten sollen den Segen für uns
erstehen; den Generalen und Offizieren mit
Ehren- und Freudenzeichen, den ermatteten
Gemeinen mit Erquickung entgegen gehen. An¬
statt dessen verdirbt mir der Gift dieses Par¬

vor die Thore, wir ſperren die Stadt, wir
halten, wir vertheidigen uns, um unſere Reti¬
rade uͤber die Bruͤcke zu decken. Glaubt ihr,
daß der Feind die Haͤnde in den Schoß ge¬
legt haͤtte? Er wirft Granaten und was er
bey der Hand hat, und ſie zuͤnden wo ſie
koͤnnen. Dieſer Hausbeſitzer da, was will er?
In dieſen Zimmern hier platzte jetzt wohl eine
Feuerkugel und eine andere folgte hinterdrein;
in dieſen Zimmern, deren vermaledeyte Pe¬
king-Tapeten ich geſchont, mich genirt habe,
meine Landcharten nicht aufzunageln! Den
ganzen Tag haͤtten ſie auf den Knieen liegen
ſollen.“

Wie viele haben das gethan!

„Sie haͤtten ſollen den Segen fuͤr uns
erſtehen; den Generalen und Offizieren mit
Ehren- und Freudenzeichen, den ermatteten
Gemeinen mit Erquickung entgegen gehen. An¬
ſtatt deſſen verdirbt mir der Gift dieſes Par¬

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[235/0251] vor die Thore, wir ſperren die Stadt, wir halten, wir vertheidigen uns, um unſere Reti¬ rade uͤber die Bruͤcke zu decken. Glaubt ihr, daß der Feind die Haͤnde in den Schoß ge¬ legt haͤtte? Er wirft Granaten und was er bey der Hand hat, und ſie zuͤnden wo ſie koͤnnen. Dieſer Hausbeſitzer da, was will er? In dieſen Zimmern hier platzte jetzt wohl eine Feuerkugel und eine andere folgte hinterdrein; in dieſen Zimmern, deren vermaledeyte Pe¬ king-Tapeten ich geſchont, mich genirt habe, meine Landcharten nicht aufzunageln! Den ganzen Tag haͤtten ſie auf den Knieen liegen ſollen.“ Wie viele haben das gethan! „Sie haͤtten ſollen den Segen fuͤr uns erſtehen; den Generalen und Offizieren mit Ehren- und Freudenzeichen, den ermatteten Gemeinen mit Erquickung entgegen gehen. An¬ ſtatt deſſen verdirbt mir der Gift dieſes Par¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/251>, abgerufen am 24.11.2024.