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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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zu machen und uns diesen unvergleichlichen
Mann zum Claviermeister zu geben. Man
nahm noch einigen Anstand, man erkundigte
sich; man hörte zwar nichts Uebles von dem
Lehrer, aber auch nichts sonderlich Gutes.
Ich hatte indessen meiner Schwester alle die
lustigen Benennungen erzählt, wir konnten
den Unterricht kaum erwarten, und setzten es
durch, daß der Mann angenommen wurde.

Das Notenlesen ging zuerst an, und
als dabey kein Spaß vorkommen wollte, trö¬
steten wir uns mit der Hoffnung, daß wenn
es erst ans Clavier gehen würde, wenn es
an die Finger käme, das scherzhafte Wesen
seinen Anfang nehmen würde. Allein weder
Tastatur noch Fingersetzung schien zu einigem
Gleichniß Gelegenheit zu geben. So trocken
wie die Noten, mit ihren Strichen auf
und zwischen den fünf Linien, blieben auch
die schwarzen und weißen Claves, und weder
von einem Däumerling noch Deuterling noch

zu machen und uns dieſen unvergleichlichen
Mann zum Claviermeiſter zu geben. Man
nahm noch einigen Anſtand, man erkundigte
ſich; man hoͤrte zwar nichts Uebles von dem
Lehrer, aber auch nichts ſonderlich Gutes.
Ich hatte indeſſen meiner Schweſter alle die
luſtigen Benennungen erzaͤhlt, wir konnten
den Unterricht kaum erwarten, und ſetzten es
durch, daß der Mann angenommen wurde.

Das Notenleſen ging zuerſt an, und
als dabey kein Spaß vorkommen wollte, troͤ¬
ſteten wir uns mit der Hoffnung, daß wenn
es erſt ans Clavier gehen wuͤrde, wenn es
an die Finger kaͤme, das ſcherzhafte Weſen
ſeinen Anfang nehmen wuͤrde. Allein weder
Taſtatur noch Fingerſetzung ſchien zu einigem
Gleichniß Gelegenheit zu geben. So trocken
wie die Noten, mit ihren Strichen auf
und zwiſchen den fuͤnf Linien, blieben auch
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[269/0285] zu machen und uns dieſen unvergleichlichen Mann zum Claviermeiſter zu geben. Man nahm noch einigen Anſtand, man erkundigte ſich; man hoͤrte zwar nichts Uebles von dem Lehrer, aber auch nichts ſonderlich Gutes. Ich hatte indeſſen meiner Schweſter alle die luſtigen Benennungen erzaͤhlt, wir konnten den Unterricht kaum erwarten, und ſetzten es durch, daß der Mann angenommen wurde. Das Notenleſen ging zuerſt an, und als dabey kein Spaß vorkommen wollte, troͤ¬ ſteten wir uns mit der Hoffnung, daß wenn es erſt ans Clavier gehen wuͤrde, wenn es an die Finger kaͤme, das ſcherzhafte Weſen ſeinen Anfang nehmen wuͤrde. Allein weder Taſtatur noch Fingerſetzung ſchien zu einigem Gleichniß Gelegenheit zu geben. So trocken wie die Noten, mit ihren Strichen auf und zwiſchen den fuͤnf Linien, blieben auch die ſchwarzen und weißen Claves, und weder von einem Daͤumerling noch Deuterling noch

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/285>, abgerufen am 24.11.2024.