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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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als er für seinen Freund die Dächer von Ma¬
drid in der Nacht abhob, hat kaum mehr für
diesen geleistet, als hier vor uns unter freyem
Himmel, bey hellem Sonnenschein, gethan
war. Die Schlüssel, deren man sich auf die¬
sem Wege bedienen mußte, um durch man¬
cherley Thürme, Treppen und Pförtchen durch¬
zukommen, waren in den Händen der Zeug¬
herren, und wir verfehlten nicht ihren Subal¬
ternen aufs beste zu schmeicheln.

Bedeutender noch und in einem andern
Sinne fruchtbarer blieb für uns das Rath¬
haus, der Römer genannt. In seinen untern,
gewölbähnlichen Hallen verloren wir uns gar
zu gerne. Wir verschafften uns Eintritt in
das große, höchst einfache Sessionszimmer
des Rathes. Bis auf eine gewisse Höhe ge¬
täfelt, waren übrigens die Wände so wie die
Wölbung weiß, und das Ganze ohne Spur
von Malerey oder irgend einem Bildwerk.

als er fuͤr ſeinen Freund die Daͤcher von Ma¬
drid in der Nacht abhob, hat kaum mehr fuͤr
dieſen geleiſtet, als hier vor uns unter freyem
Himmel, bey hellem Sonnenſchein, gethan
war. Die Schluͤſſel, deren man ſich auf die¬
ſem Wege bedienen mußte, um durch man¬
cherley Thuͤrme, Treppen und Pfoͤrtchen durch¬
zukommen, waren in den Haͤnden der Zeug¬
herren, und wir verfehlten nicht ihren Subal¬
ternen aufs beſte zu ſchmeicheln.

Bedeutender noch und in einem andern
Sinne fruchtbarer blieb fuͤr uns das Rath¬
haus, der Roͤmer genannt. In ſeinen untern,
gewoͤlbaͤhnlichen Hallen verloren wir uns gar
zu gerne. Wir verſchafften uns Eintritt in
das große, hoͤchſt einfache Seſſionszimmer
des Rathes. Bis auf eine gewiſſe Hoͤhe ge¬
taͤfelt, waren uͤbrigens die Waͤnde ſo wie die
Woͤlbung weiß, und das Ganze ohne Spur
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[25/0041] als er fuͤr ſeinen Freund die Daͤcher von Ma¬ drid in der Nacht abhob, hat kaum mehr fuͤr dieſen geleiſtet, als hier vor uns unter freyem Himmel, bey hellem Sonnenſchein, gethan war. Die Schluͤſſel, deren man ſich auf die¬ ſem Wege bedienen mußte, um durch man¬ cherley Thuͤrme, Treppen und Pfoͤrtchen durch¬ zukommen, waren in den Haͤnden der Zeug¬ herren, und wir verfehlten nicht ihren Subal¬ ternen aufs beſte zu ſchmeicheln. Bedeutender noch und in einem andern Sinne fruchtbarer blieb fuͤr uns das Rath¬ haus, der Roͤmer genannt. In ſeinen untern, gewoͤlbaͤhnlichen Hallen verloren wir uns gar zu gerne. Wir verſchafften uns Eintritt in das große, hoͤchſt einfache Seſſionszimmer des Rathes. Bis auf eine gewiſſe Hoͤhe ge¬ taͤfelt, waren uͤbrigens die Waͤnde ſo wie die Woͤlbung weiß, und das Ganze ohne Spur von Malerey oder irgend einem Bildwerk.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/41>, abgerufen am 30.04.2024.