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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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wenigstens der älteste, der mir niemals recht
gefallen wollte, der immer später nach Hause
kam und wenig Heiters zu erzählen wußte.
Noch immer hielt ich mein Bekenntniß zurück.
-- Ich bin mir, sagte ich, persönlich nichts
Böses bewußt, und kann von der Seite ganz
ruhig seyn; aber es wäre nicht unmöglich,
daß diejenigen mit denen ich umgegangen bin,
sich einer verwegnen oder gesetzwidrigen Hand¬
lung schuldig gemacht hätten. Man mag sie
suchen, man mag sie finden, sie überführen
und bestrafen, ich habe mir bisher nichts
vorzuwerfen, und will auch gegen die nichts
verschulden, die sich freundlich und gut ge¬
gen mich benommen haben. -- Er ließ
mich nicht ausreden, sondern rief mit einiger
Bewegung: "Ja man wird sie finden. In
drey Häusern kamen diese Bösewichter zusam¬
men. (Er nannte die Straßen, er bezeich¬
nete die Häuser, und zum Unglück befand sich
auch das darunter, wohin ich zu gehen pfleg¬
te.) Das erste Nest ist schon ausgehoben,

wenigſtens der aͤlteſte, der mir niemals recht
gefallen wollte, der immer ſpaͤter nach Hauſe
kam und wenig Heiters zu erzaͤhlen wußte.
Noch immer hielt ich mein Bekenntniß zuruͤck.
— Ich bin mir, ſagte ich, perſoͤnlich nichts
Boͤſes bewußt, und kann von der Seite ganz
ruhig ſeyn; aber es waͤre nicht unmoͤglich,
daß diejenigen mit denen ich umgegangen bin,
ſich einer verwegnen oder geſetzwidrigen Hand¬
lung ſchuldig gemacht haͤtten. Man mag ſie
ſuchen, man mag ſie finden, ſie uͤberfuͤhren
und beſtrafen, ich habe mir bisher nichts
vorzuwerfen, und will auch gegen die nichts
verſchulden, die ſich freundlich und gut ge¬
gen mich benommen haben. — Er ließ
mich nicht ausreden, ſondern rief mit einiger
Bewegung: „Ja man wird ſie finden. In
drey Haͤuſern kamen dieſe Boͤſewichter zuſam¬
men. (Er nannte die Straßen, er bezeich¬
nete die Haͤuſer, und zum Ungluͤck befand ſich
auch das darunter, wohin ich zu gehen pfleg¬
te.) Das erſte Neſt iſt ſchon ausgehoben,

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[505/0521] wenigſtens der aͤlteſte, der mir niemals recht gefallen wollte, der immer ſpaͤter nach Hauſe kam und wenig Heiters zu erzaͤhlen wußte. Noch immer hielt ich mein Bekenntniß zuruͤck. — Ich bin mir, ſagte ich, perſoͤnlich nichts Boͤſes bewußt, und kann von der Seite ganz ruhig ſeyn; aber es waͤre nicht unmoͤglich, daß diejenigen mit denen ich umgegangen bin, ſich einer verwegnen oder geſetzwidrigen Hand¬ lung ſchuldig gemacht haͤtten. Man mag ſie ſuchen, man mag ſie finden, ſie uͤberfuͤhren und beſtrafen, ich habe mir bisher nichts vorzuwerfen, und will auch gegen die nichts verſchulden, die ſich freundlich und gut ge¬ gen mich benommen haben. — Er ließ mich nicht ausreden, ſondern rief mit einiger Bewegung: „Ja man wird ſie finden. In drey Haͤuſern kamen dieſe Boͤſewichter zuſam¬ men. (Er nannte die Straßen, er bezeich¬ nete die Haͤuſer, und zum Ungluͤck befand ſich auch das darunter, wohin ich zu gehen pfleg¬ te.) Das erſte Neſt iſt ſchon ausgehoben,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/521>, abgerufen am 26.11.2024.