Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.ihrem Sinne gemäß gekleidet, ihr nun auch ihrem Sinne gemaͤß gekleidet, ihr nun auch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0101" n="93"/> ihrem Sinne gemaͤß gekleidet, ihr nun auch<lb/> nach dem Munde reden ſollte, und dabey<lb/> doch deutlich ſehen konnte, daß mir dagegen<lb/> von alle dem wenig geleiſtet wurde, was ich<lb/> mir von Unterricht und Sinnesfoͤrderung bey<lb/> meinem academiſchen Aufenthalt verſprochen<lb/> hatte; ſo fing ich an laͤſſig zu werden und<lb/> die geſelligen Pflichten der Beſuche und ſon¬<lb/> ſtigen Attentionen zu verſaͤumen, und ich waͤ¬<lb/> re noch fruͤher aus allen ſolchen Verhaͤltniſſen<lb/> herausgetreten, haͤtte mich nicht an Hofrath<lb/> Boͤhmen Scheu und Achtung und an ſeine<lb/> Gattinn Zutrauen und Neigung feſtgeknuͤpft.<lb/> Der Gemahl hatte leider nicht die gluͤckliche<lb/> Gabe, mit jungen Leuten umzugehen, ſich ihr<lb/> Vertrauen zu erwerben und ſie fuͤr den Au¬<lb/> genblick nach Beduͤrfniß zu leiten. Ich fand<lb/> niemals Gewinn davon, wenn ich ihn beſuch¬<lb/> te; ſeine Gattinn dagegen zeigte ein aufrich¬<lb/> tiges Intereſſe an mir. Ihre Kraͤnklichkeit<lb/> hielt ſie ſtets zu Hauſe. Sie lud mich man¬<lb/> chen Abend zu ſich und wußte mich, der ich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [93/0101]
ihrem Sinne gemaͤß gekleidet, ihr nun auch
nach dem Munde reden ſollte, und dabey
doch deutlich ſehen konnte, daß mir dagegen
von alle dem wenig geleiſtet wurde, was ich
mir von Unterricht und Sinnesfoͤrderung bey
meinem academiſchen Aufenthalt verſprochen
hatte; ſo fing ich an laͤſſig zu werden und
die geſelligen Pflichten der Beſuche und ſon¬
ſtigen Attentionen zu verſaͤumen, und ich waͤ¬
re noch fruͤher aus allen ſolchen Verhaͤltniſſen
herausgetreten, haͤtte mich nicht an Hofrath
Boͤhmen Scheu und Achtung und an ſeine
Gattinn Zutrauen und Neigung feſtgeknuͤpft.
Der Gemahl hatte leider nicht die gluͤckliche
Gabe, mit jungen Leuten umzugehen, ſich ihr
Vertrauen zu erwerben und ſie fuͤr den Au¬
genblick nach Beduͤrfniß zu leiten. Ich fand
niemals Gewinn davon, wenn ich ihn beſuch¬
te; ſeine Gattinn dagegen zeigte ein aufrich¬
tiges Intereſſe an mir. Ihre Kraͤnklichkeit
hielt ſie ſtets zu Hauſe. Sie lud mich man¬
chen Abend zu ſich und wußte mich, der ich
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