unbedingte Verehrung erkalten fühlte, die ich diesem merkwürdigen Fürsten von Jugend auf gewidmet hatte.
Wie mich nun die Einwohner von Leipzig um das angenehme Gefühl brachten, einen großen Mann zu verehren; so verminderte ein neuer Freund, den ich zu der Zeit ge¬ wann, gar sehr die Achtung, welche ich für meine gegenwärtigen Mitbürger hegte. Die¬ ser Freund war einer der wunderlichsten Käutze, die es auf der Welt geben kann. Er hieß Behrisch und befand sich als Hofmeister bey dem jungen Grafen Lindenau. Schon sein Aeußeres war sonderbar genug. Hager und wohlgebaut, weit in den Dreyßigen, eine sehr große Nase und überhaupt markirte Züge; eine Haartour, die man wohl eine Perücke hätte nennen können, trug er vom Morgen bis in die Nacht, kleidete sich sehr nett und ging niemals aus, als den Degen an der Seite und den Hut unter dem Arm. Er
unbedingte Verehrung erkalten fuͤhlte, die ich dieſem merkwuͤrdigen Fuͤrſten von Jugend auf gewidmet hatte.
Wie mich nun die Einwohner von Leipzig um das angenehme Gefuͤhl brachten, einen großen Mann zu verehren; ſo verminderte ein neuer Freund, den ich zu der Zeit ge¬ wann, gar ſehr die Achtung, welche ich fuͤr meine gegenwaͤrtigen Mitbuͤrger hegte. Die¬ ſer Freund war einer der wunderlichſten Kaͤutze, die es auf der Welt geben kann. Er hieß Behriſch und befand ſich als Hofmeiſter bey dem jungen Grafen Lindenau. Schon ſein Aeußeres war ſonderbar genug. Hager und wohlgebaut, weit in den Dreyßigen, eine ſehr große Naſe und uͤberhaupt markirte Zuͤge; eine Haartour, die man wohl eine Peruͤcke haͤtte nennen koͤnnen, trug er vom Morgen bis in die Nacht, kleidete ſich ſehr nett und ging niemals aus, als den Degen an der Seite und den Hut unter dem Arm. Er
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unbedingte Verehrung erkalten fuͤhlte, die ich
dieſem merkwuͤrdigen Fuͤrſten von Jugend auf
gewidmet hatte.
Wie mich nun die Einwohner von Leipzig
um das angenehme Gefuͤhl brachten, einen
großen Mann zu verehren; ſo verminderte
ein neuer Freund, den ich zu der Zeit ge¬
wann, gar ſehr die Achtung, welche ich fuͤr
meine gegenwaͤrtigen Mitbuͤrger hegte. Die¬
ſer Freund war einer der wunderlichſten Kaͤutze,
die es auf der Welt geben kann. Er hieß
Behriſch und befand ſich als Hofmeiſter
bey dem jungen Grafen Lindenau. Schon
ſein Aeußeres war ſonderbar genug. Hager
und wohlgebaut, weit in den Dreyßigen, eine
ſehr große Naſe und uͤberhaupt markirte Zuͤge;
eine Haartour, die man wohl eine Peruͤcke
haͤtte nennen koͤnnen, trug er vom Morgen
bis in die Nacht, kleidete ſich ſehr nett und
ging niemals aus, als den Degen an der
Seite und den Hut unter dem Arm. Er
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/207>, abgerufen am 21.11.2024.
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