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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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sche Demonstration meines Führers gar wohl
gefallen, nur erbat ich mir, in der äußeren
Gallerie bleiben zu dürfen. Hier fand ich
mich, zu meinem Behagen, wirklich zu Hause.
Schon hatte ich Werke mehrerer Künstler ge¬
sehn, andere kannte ich durch Kupferstiche,
andere dem Namen nach; ich verhehlte es
nicht und flößte meinem Führer dadurch eini¬
ges Vertrauen ein, ja ihn ergetzte das Ent¬
zücken, das ich bey Stücken äußerte, wo der
Pinsel über die Natur den Sieg davon trug:
denn solche Dinge waren es vorzüglich, die
mich an sich zogen, wo die Vergleichung mit
der bekannten Natur den Werth der Kunst
nothwendig erhöhen mußte.

Als ich bey meinem Schuster wieder ein¬
trat, um das Mittagsmahl zu genießen, trauete
ich meinen Augen kaum: denn ich glaubte ein
Bild von Ostade vor mir zu sehen, so voll¬
kommen, daß man es nur auf die Gallerie
hätte hängen dürfen. Stellung der Gegen¬

17 *

ſche Demonſtration meines Fuͤhrers gar wohl
gefallen, nur erbat ich mir, in der aͤußeren
Gallerie bleiben zu duͤrfen. Hier fand ich
mich, zu meinem Behagen, wirklich zu Hauſe.
Schon hatte ich Werke mehrerer Kuͤnſtler ge¬
ſehn, andere kannte ich durch Kupferſtiche,
andere dem Namen nach; ich verhehlte es
nicht und floͤßte meinem Fuͤhrer dadurch eini¬
ges Vertrauen ein, ja ihn ergetzte das Ent¬
zuͤcken, das ich bey Stuͤcken aͤußerte, wo der
Pinſel uͤber die Natur den Sieg davon trug:
denn ſolche Dinge waren es vorzuͤglich, die
mich an ſich zogen, wo die Vergleichung mit
der bekannten Natur den Werth der Kunſt
nothwendig erhoͤhen mußte.

Als ich bey meinem Schuſter wieder ein¬
trat, um das Mittagsmahl zu genießen, trauete
ich meinen Augen kaum: denn ich glaubte ein
Bild von Oſtade vor mir zu ſehen, ſo voll¬
kommen, daß man es nur auf die Gallerie
haͤtte haͤngen duͤrfen. Stellung der Gegen¬

17 *
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[259/0267] ſche Demonſtration meines Fuͤhrers gar wohl gefallen, nur erbat ich mir, in der aͤußeren Gallerie bleiben zu duͤrfen. Hier fand ich mich, zu meinem Behagen, wirklich zu Hauſe. Schon hatte ich Werke mehrerer Kuͤnſtler ge¬ ſehn, andere kannte ich durch Kupferſtiche, andere dem Namen nach; ich verhehlte es nicht und floͤßte meinem Fuͤhrer dadurch eini¬ ges Vertrauen ein, ja ihn ergetzte das Ent¬ zuͤcken, das ich bey Stuͤcken aͤußerte, wo der Pinſel uͤber die Natur den Sieg davon trug: denn ſolche Dinge waren es vorzuͤglich, die mich an ſich zogen, wo die Vergleichung mit der bekannten Natur den Werth der Kunſt nothwendig erhoͤhen mußte. Als ich bey meinem Schuſter wieder ein¬ trat, um das Mittagsmahl zu genießen, trauete ich meinen Augen kaum: denn ich glaubte ein Bild von Oſtade vor mir zu ſehen, ſo voll¬ kommen, daß man es nur auf die Gallerie haͤtte haͤngen duͤrfen. Stellung der Gegen¬ 17 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/267>, abgerufen am 21.11.2024.