auch der Gallerieinspector, Rath Riedel, von mir Notiz und machte mich auf gar manches aufmerksam, welches vorzüglich in meiner Sphäre zu liegen schien. Ich fand diesen trefflichen Mann damals eben so thä¬ tig und gefällig, als ich ihn nachher mehrere Jahre hindurch gesehen und wie er sich noch heute erweist. Sein Bild hat sich mir mit jenen Kunstschätzen so in Eins verwoben, daß ich beyde niemals gesondert erblicke, ja sein Andenken hat mich nach Italien begleitet, wo mir seine Gegenwart in manchen großen und reichen Sammlungen sehr wünschenswerth ge¬ wesen wäre.
Da man auch mit Fremden und Unbe¬ kannten solche Werke nicht stumm und ohne wechselseitige Theilnahme betrachten kann, ihr Anblick vielmehr am ersten geeignet ist, die Gemüther gegen einander zu eröffnen; so kam ich auch daselbst mit einem jungen Manne in's Gespräch, der sich in Dresden aufzuhal¬
auch der Gallerieinſpector, Rath Riedel, von mir Notiz und machte mich auf gar manches aufmerkſam, welches vorzuͤglich in meiner Sphaͤre zu liegen ſchien. Ich fand dieſen trefflichen Mann damals eben ſo thaͤ¬ tig und gefaͤllig, als ich ihn nachher mehrere Jahre hindurch geſehen und wie er ſich noch heute erweiſt. Sein Bild hat ſich mir mit jenen Kunſtſchaͤtzen ſo in Eins verwoben, daß ich beyde niemals geſondert erblicke, ja ſein Andenken hat mich nach Italien begleitet, wo mir ſeine Gegenwart in manchen großen und reichen Sammlungen ſehr wuͤnſchenswerth ge¬ weſen waͤre.
Da man auch mit Fremden und Unbe¬ kannten ſolche Werke nicht ſtumm und ohne wechſelſeitige Theilnahme betrachten kann, ihr Anblick vielmehr am erſten geeignet iſt, die Gemuͤther gegen einander zu eroͤffnen; ſo kam ich auch daſelbſt mit einem jungen Manne in's Geſpraͤch, der ſich in Dresden aufzuhal¬
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auch der Gallerieinſpector, Rath Riedel,
von mir Notiz und machte mich auf gar
manches aufmerkſam, welches vorzuͤglich in
meiner Sphaͤre zu liegen ſchien. Ich fand
dieſen trefflichen Mann damals eben ſo thaͤ¬
tig und gefaͤllig, als ich ihn nachher mehrere
Jahre hindurch geſehen und wie er ſich noch
heute erweiſt. Sein Bild hat ſich mir mit
jenen Kunſtſchaͤtzen ſo in Eins verwoben, daß
ich beyde niemals geſondert erblicke, ja ſein
Andenken hat mich nach Italien begleitet, wo
mir ſeine Gegenwart in manchen großen und
reichen Sammlungen ſehr wuͤnſchenswerth ge¬
weſen waͤre.
Da man auch mit Fremden und Unbe¬
kannten ſolche Werke nicht ſtumm und ohne
wechſelſeitige Theilnahme betrachten kann, ihr
Anblick vielmehr am erſten geeignet iſt, die
Gemuͤther gegen einander zu eroͤffnen; ſo kam
ich auch daſelbſt mit einem jungen Manne
in's Geſpraͤch, der ſich in Dresden aufzuhal¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/269>, abgerufen am 20.05.2024.
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