des Lebens zu hören, wie sich dieser vorzüg¬ liche Mann, in den wichtigsten Geschäften, seiner Vaterstadt nützlich und heilbringend er¬ wiesen.
Hier war es auch, wo Freund Horn seine Liebe und Aufmerksamkeit ununterbrochen wir¬ ken ließ. Das ganze Breitkopfische Haus, die Stockische Familie, manche Andere behan¬ delten mich als einen nahen Verwandten; und so wurde mir durch das Wohlwollen so vieler freundlicher Menschen das Gefühl meines Zu¬ standes auf das zarteste gelindert.
Umständlicher muß ich jedoch hier eines Mannes erwähnen, den ich erst in dieser Zeit kennen lernte und dessen lehrreicher Umgang mich über die traurige Lage, in der ich mich befand, dergestalt verblendete, daß ich sie wirk¬ lich vergaß. Es war Langer, nachheriger Bibliothekar in Wolfenbüttel. Vorzüglich ge¬ lehrt und unterrichtet freute er sich an meinem
des Lebens zu hoͤren, wie ſich dieſer vorzuͤg¬ liche Mann, in den wichtigſten Geſchaͤften, ſeiner Vaterſtadt nuͤtzlich und heilbringend er¬ wieſen.
Hier war es auch, wo Freund Horn ſeine Liebe und Aufmerkſamkeit ununterbrochen wir¬ ken ließ. Das ganze Breitkopfiſche Haus, die Stockiſche Familie, manche Andere behan¬ delten mich als einen nahen Verwandten; und ſo wurde mir durch das Wohlwollen ſo vieler freundlicher Menſchen das Gefuͤhl meines Zu¬ ſtandes auf das zarteſte gelindert.
Umſtaͤndlicher muß ich jedoch hier eines Mannes erwaͤhnen, den ich erſt in dieſer Zeit kennen lernte und deſſen lehrreicher Umgang mich uͤber die traurige Lage, in der ich mich befand, dergeſtalt verblendete, daß ich ſie wirk¬ lich vergaß. Es war Langer, nachheriger Bibliothekar in Wolfenbuͤttel. Vorzuͤglich ge¬ lehrt und unterrichtet freute er ſich an meinem
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des Lebens zu hoͤren, wie ſich dieſer vorzuͤg¬
liche Mann, in den wichtigſten Geſchaͤften,
ſeiner Vaterſtadt nuͤtzlich und heilbringend er¬
wieſen.
Hier war es auch, wo Freund Horn ſeine
Liebe und Aufmerkſamkeit ununterbrochen wir¬
ken ließ. Das ganze Breitkopfiſche Haus,
die Stockiſche Familie, manche Andere behan¬
delten mich als einen nahen Verwandten; und
ſo wurde mir durch das Wohlwollen ſo vieler
freundlicher Menſchen das Gefuͤhl meines Zu¬
ſtandes auf das zarteſte gelindert.
Umſtaͤndlicher muß ich jedoch hier eines
Mannes erwaͤhnen, den ich erſt in dieſer Zeit
kennen lernte und deſſen lehrreicher Umgang
mich uͤber die traurige Lage, in der ich mich
befand, dergeſtalt verblendete, daß ich ſie wirk¬
lich vergaß. Es war Langer, nachheriger
Bibliothekar in Wolfenbuͤttel. Vorzuͤglich ge¬
lehrt und unterrichtet freute er ſich an meinem
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/296>, abgerufen am 21.11.2024.
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