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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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ihn endlich bis an die Thüre seiner Geliebten:
denn auch dieser äußerlich streng scheinende,
ernste, wissenschaftliche Mann war nicht frey
von den Netzen eines sehr liebenswürdigen
Frauenzimmers geblieben.

Die deutsche Litteratur und mit ihr mei¬
ne eignen poetischen Unternehmungen wa¬
ren mir schon seit einiger Zeit fremd gewor¬
den, und ich wendete mich wieder, wie
es bey einem solchen autodidactischen Kreis¬
gange zu erfolgen pflegt, gegen die geliebten
Alten, die noch immer, wie ferne blaue Ber¬
ge, deutlich in ihren Umrissen und Massen,
aber unkenntlich in ihren Theilen und inneren
Beziehungen, den Horizont meiner geistigen
Wünsche begrenzten. Ich machte einen Tausch
mit Langer, wobey ich zugleich den Glaucus
und Diomedes spielte; ich überließ ihm ganze
Körbe deutscher Dichter und Kritiker und er¬
hielt dagegen eine Anzahl griechischer Autoren,

ihn endlich bis an die Thuͤre ſeiner Geliebten:
denn auch dieſer aͤußerlich ſtreng ſcheinende,
ernſte, wiſſenſchaftliche Mann war nicht frey
von den Netzen eines ſehr liebenswuͤrdigen
Frauenzimmers geblieben.

Die deutſche Litteratur und mit ihr mei¬
ne eignen poetiſchen Unternehmungen wa¬
ren mir ſchon ſeit einiger Zeit fremd gewor¬
den, und ich wendete mich wieder, wie
es bey einem ſolchen autodidactiſchen Kreis¬
gange zu erfolgen pflegt, gegen die geliebten
Alten, die noch immer, wie ferne blaue Ber¬
ge, deutlich in ihren Umriſſen und Maſſen,
aber unkenntlich in ihren Theilen und inneren
Beziehungen, den Horizont meiner geiſtigen
Wuͤnſche begrenzten. Ich machte einen Tauſch
mit Langer, wobey ich zugleich den Glaucus
und Diomedes ſpielte; ich uͤberließ ihm ganze
Koͤrbe deutſcher Dichter und Kritiker und er¬
hielt dagegen eine Anzahl griechiſcher Autoren,

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[290/0298] ihn endlich bis an die Thuͤre ſeiner Geliebten: denn auch dieſer aͤußerlich ſtreng ſcheinende, ernſte, wiſſenſchaftliche Mann war nicht frey von den Netzen eines ſehr liebenswuͤrdigen Frauenzimmers geblieben. Die deutſche Litteratur und mit ihr mei¬ ne eignen poetiſchen Unternehmungen wa¬ ren mir ſchon ſeit einiger Zeit fremd gewor¬ den, und ich wendete mich wieder, wie es bey einem ſolchen autodidactiſchen Kreis¬ gange zu erfolgen pflegt, gegen die geliebten Alten, die noch immer, wie ferne blaue Ber¬ ge, deutlich in ihren Umriſſen und Maſſen, aber unkenntlich in ihren Theilen und inneren Beziehungen, den Horizont meiner geiſtigen Wuͤnſche begrenzten. Ich machte einen Tauſch mit Langer, wobey ich zugleich den Glaucus und Diomedes ſpielte; ich uͤberließ ihm ganze Koͤrbe deutſcher Dichter und Kritiker und er¬ hielt dagegen eine Anzahl griechiſcher Autoren,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/298>, abgerufen am 21.11.2024.