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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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hend, aber auch dabey leicht und zierlich er¬
scheinen, und, obgleich tausendfach durchbro¬
chen, den Begriff von unerschütterlicher Festig¬
keit geben.

Dieses Räthsel ist auf das glücklichste ge¬
löst. Die Oeffnungen der Mauer, die soli¬
den Stellen derselben, die Pfeiler, jedes hat
seinen besonderen Character, der aus der eig¬
nen Bestimmung hervortritt; dieser communi¬
cirt sich stufenweis den Unterabtheilungen, da¬
her alles im gemäßen Sinne verziert ist, das
Große wie das Kleine sich an der rechten
Stelle befindet, leicht gefaßt werden kann,
und so das Angenehme im Ungeheueren sich
darstellt. Ich erinnere nur an die perspecti¬
visch in die Mauerdicke sich einsenkenden, bis
ins Unendliche an ihren Pfeilern und Spitz¬
bogen verzierten Thüren, an das Fenster und
dessen aus der runden Form entspringende
Kunstrose, an das Profil ihrer Stäbe, so
wie an die schlanken Rohrsäulen der perpen¬

hend, aber auch dabey leicht und zierlich er¬
ſcheinen, und, obgleich tauſendfach durchbro¬
chen, den Begriff von unerſchuͤtterlicher Feſtig¬
keit geben.

Dieſes Raͤthſel iſt auf das gluͤcklichſte ge¬
loͤſt. Die Oeffnungen der Mauer, die ſoli¬
den Stellen derſelben, die Pfeiler, jedes hat
ſeinen beſonderen Character, der aus der eig¬
nen Beſtimmung hervortritt; dieſer communi¬
cirt ſich ſtufenweis den Unterabtheilungen, da¬
her alles im gemaͤßen Sinne verziert iſt, das
Große wie das Kleine ſich an der rechten
Stelle befindet, leicht gefaßt werden kann,
und ſo das Angenehme im Ungeheueren ſich
darſtellt. Ich erinnere nur an die perſpecti¬
viſch in die Mauerdicke ſich einſenkenden, bis
ins Unendliche an ihren Pfeilern und Spitz¬
bogen verzierten Thuͤren, an das Fenſter und
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[414/0422] hend, aber auch dabey leicht und zierlich er¬ ſcheinen, und, obgleich tauſendfach durchbro¬ chen, den Begriff von unerſchuͤtterlicher Feſtig¬ keit geben. Dieſes Raͤthſel iſt auf das gluͤcklichſte ge¬ loͤſt. Die Oeffnungen der Mauer, die ſoli¬ den Stellen derſelben, die Pfeiler, jedes hat ſeinen beſonderen Character, der aus der eig¬ nen Beſtimmung hervortritt; dieſer communi¬ cirt ſich ſtufenweis den Unterabtheilungen, da¬ her alles im gemaͤßen Sinne verziert iſt, das Große wie das Kleine ſich an der rechten Stelle befindet, leicht gefaßt werden kann, und ſo das Angenehme im Ungeheueren ſich darſtellt. Ich erinnere nur an die perſpecti¬ viſch in die Mauerdicke ſich einſenkenden, bis ins Unendliche an ihren Pfeilern und Spitz¬ bogen verzierten Thuͤren, an das Fenſter und deſſen aus der runden Form entſpringende Kunſtroſe, an das Profil ihrer Staͤbe, ſo wie an die ſchlanken Rohrſaͤulen der perpen¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/422>, abgerufen am 25.11.2024.