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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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Gedächtniß zu Hülfe kommen, aus geologi¬
schem und politischem Ländergewirre. In die¬
ser Betrachtung nahm ich feyerlichen Abschied
von dem theuren Elsaß, da wir uns den an¬
dern Morgen nach Lothringen zu wenden ge¬
dachten.

Der Abend ging hin in vertraulichen Ge¬
sprächen, wo man sich über eine unerfreuliche
Gegenwart durch Erinnerung an eine bessere
Vergangenheit zu erheitern suchte. Vor allem
andern war hier, wie im ganzen Ländchen,
der Name des letzten Grafen Reinhard von
Hanau in Segen, dessen großer Verstand und
Tüchtigkeit in allem seinen Thun und Lassen
hervortrat, und von dessen Daseyn noch man¬
ches schöne Denkmal übrig geblieben war.
Solche Männer haben den Vorzug doppelte
Wohlthäter zu seyn, einmal für die Gegen¬
wart, die sie beglücken, und sodann für die
Zukunft, deren Gefühl und Muth sie nähren
und aufrecht erhalten.

Gedaͤchtniß zu Huͤlfe kommen, aus geologi¬
ſchem und politiſchem Laͤndergewirre. In die¬
ſer Betrachtung nahm ich feyerlichen Abſchied
von dem theuren Elſaß, da wir uns den an¬
dern Morgen nach Lothringen zu wenden ge¬
dachten.

Der Abend ging hin in vertraulichen Ge¬
ſpraͤchen, wo man ſich uͤber eine unerfreuliche
Gegenwart durch Erinnerung an eine beſſere
Vergangenheit zu erheitern ſuchte. Vor allem
andern war hier, wie im ganzen Laͤndchen,
der Name des letzten Grafen Reinhard von
Hanau in Segen, deſſen großer Verſtand und
Tuͤchtigkeit in allem ſeinen Thun und Laſſen
hervortrat, und von deſſen Daſeyn noch man¬
ches ſchoͤne Denkmal uͤbrig geblieben war.
Solche Maͤnner haben den Vorzug doppelte
Wohlthaͤter zu ſeyn, einmal fuͤr die Gegen¬
wart, die ſie begluͤcken, und ſodann fuͤr die
Zukunft, deren Gefuͤhl und Muth ſie naͤhren
und aufrecht erhalten.

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[498/0506] Gedaͤchtniß zu Huͤlfe kommen, aus geologi¬ ſchem und politiſchem Laͤndergewirre. In die¬ ſer Betrachtung nahm ich feyerlichen Abſchied von dem theuren Elſaß, da wir uns den an¬ dern Morgen nach Lothringen zu wenden ge¬ dachten. Der Abend ging hin in vertraulichen Ge¬ ſpraͤchen, wo man ſich uͤber eine unerfreuliche Gegenwart durch Erinnerung an eine beſſere Vergangenheit zu erheitern ſuchte. Vor allem andern war hier, wie im ganzen Laͤndchen, der Name des letzten Grafen Reinhard von Hanau in Segen, deſſen großer Verſtand und Tuͤchtigkeit in allem ſeinen Thun und Laſſen hervortrat, und von deſſen Daſeyn noch man¬ ches ſchoͤne Denkmal uͤbrig geblieben war. Solche Maͤnner haben den Vorzug doppelte Wohlthaͤter zu ſeyn, einmal fuͤr die Gegen¬ wart, die ſie begluͤcken, und ſodann fuͤr die Zukunft, deren Gefuͤhl und Muth ſie naͤhren und aufrecht erhalten.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/506>, abgerufen am 07.06.2024.