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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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nen Stahls, und die schönste Irisfolge spielt
bey jeder Bewegung über die Oberfläche hin.
Die finsteren Stollenschlünde zogen uns je¬
doch um so weniger an, als der Gehalt der¬
selben reichlich um uns her ausgeschüttet lag.
Nun gelangten wir zu offnen Gruben, in
welchen die gerösteten Alaunschiefer ausgelaugt
werden, und bald darauf überraschte uns, ob¬
gleich vorbereitet, ein seltsames Begegniß.
Wir traten in eine Klamme und fanden uns
in der Region des brennenden Berges. Ein
starker Schwefelgeruch umzog uns; die eine
Seite der Hohle war nahezu glühend, mit
röthlichem, weißgebrannten Stein bedeckt; ein
dicker Dampf stieg aus den Klunsen hervor,
und man fühlte die Hitze des Bodens auch
durch die starken Sohlen. Ein so zufälliges
Ereigniß, denn man weiß nicht wie diese
Strecke sich entzündete, gewährt der Alaun¬
fabrication den großen Vortheil, daß die Schie¬
fer, woraus die Oberfläche des Berges be¬
steht, vollkommen geröstet daliegen und nur

nen Stahls, und die ſchoͤnſte Irisfolge ſpielt
bey jeder Bewegung uͤber die Oberflaͤche hin.
Die finſteren Stollenſchluͤnde zogen uns je¬
doch um ſo weniger an, als der Gehalt der¬
ſelben reichlich um uns her ausgeſchuͤttet lag.
Nun gelangten wir zu offnen Gruben, in
welchen die geroͤſteten Alaunſchiefer ausgelaugt
werden, und bald darauf uͤberraſchte uns, ob¬
gleich vorbereitet, ein ſeltſames Begegniß.
Wir traten in eine Klamme und fanden uns
in der Region des brennenden Berges. Ein
ſtarker Schwefelgeruch umzog uns; die eine
Seite der Hohle war nahezu gluͤhend, mit
roͤthlichem, weißgebrannten Stein bedeckt; ein
dicker Dampf ſtieg aus den Klunſen hervor,
und man fuͤhlte die Hitze des Bodens auch
durch die ſtarken Sohlen. Ein ſo zufaͤlliges
Ereigniß, denn man weiß nicht wie dieſe
Strecke ſich entzuͤndete, gewaͤhrt der Alaun¬
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[504/0512] nen Stahls, und die ſchoͤnſte Irisfolge ſpielt bey jeder Bewegung uͤber die Oberflaͤche hin. Die finſteren Stollenſchluͤnde zogen uns je¬ doch um ſo weniger an, als der Gehalt der¬ ſelben reichlich um uns her ausgeſchuͤttet lag. Nun gelangten wir zu offnen Gruben, in welchen die geroͤſteten Alaunſchiefer ausgelaugt werden, und bald darauf uͤberraſchte uns, ob¬ gleich vorbereitet, ein ſeltſames Begegniß. Wir traten in eine Klamme und fanden uns in der Region des brennenden Berges. Ein ſtarker Schwefelgeruch umzog uns; die eine Seite der Hohle war nahezu gluͤhend, mit roͤthlichem, weißgebrannten Stein bedeckt; ein dicker Dampf ſtieg aus den Klunſen hervor, und man fuͤhlte die Hitze des Bodens auch durch die ſtarken Sohlen. Ein ſo zufaͤlliges Ereigniß, denn man weiß nicht wie dieſe Strecke ſich entzuͤndete, gewaͤhrt der Alaun¬ fabrication den großen Vortheil, daß die Schie¬ fer, woraus die Oberflaͤche des Berges be¬ ſteht, vollkommen geroͤſtet daliegen und nur

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/512>, abgerufen am 07.06.2024.