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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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gezogenen Strümpfen, den Berg hinauf, wo
die Harzhütte steht, die er selbst errichtet hat
und nun mit großem Leidwesen verfallen sieht.
Hier fand sich eine zusammenhangende Ofen¬
reihe, wo Steinkohlen abgeschwefelt und zum
Gebrauch bey Eisenwerken tauglich gemacht
werden sollten; allein zu gleicher Zeit wollte
man Oel und Harz auch zu Gute machen,
ja sogar den Ruß nicht missen, und so unter¬
lag den vielfachen Absichten alles zusammen.
Bey Lebzeiten des vorigen Fürsten trieb man
das Geschäft aus Liebhaberey, aus Hoffnung;
jetzt fragte man nach dem unmittelbaren Nutzen,
der nicht nachzuweisen war.

Nachdem wir unsern Adepten seiner Ein¬
samkeit überlassen, eilten wir, -- denn es
war schon spät geworden -- der Friedrichs¬
thaler
Glashütte zu, wo wir eine der
wichtigsten und wunderbarsten Werkthätigkei¬
ten des menschlichen Kunstgeschickes im Vor¬
übergehen kennen lernten.

gezogenen Struͤmpfen, den Berg hinauf, wo
die Harzhuͤtte ſteht, die er ſelbſt errichtet hat
und nun mit großem Leidweſen verfallen ſieht.
Hier fand ſich eine zuſammenhangende Ofen¬
reihe, wo Steinkohlen abgeſchwefelt und zum
Gebrauch bey Eiſenwerken tauglich gemacht
werden ſollten; allein zu gleicher Zeit wollte
man Oel und Harz auch zu Gute machen,
ja ſogar den Ruß nicht miſſen, und ſo unter¬
lag den vielfachen Abſichten alles zuſammen.
Bey Lebzeiten des vorigen Fuͤrſten trieb man
das Geſchaͤft aus Liebhaberey, aus Hoffnung;
jetzt fragte man nach dem unmittelbaren Nutzen,
der nicht nachzuweiſen war.

Nachdem wir unſern Adepten ſeiner Ein¬
ſamkeit uͤberlaſſen, eilten wir, — denn es
war ſchon ſpaͤt geworden — der Friedrichs¬
thaler
Glashuͤtte zu, wo wir eine der
wichtigſten und wunderbarſten Werkthaͤtigkei¬
ten des menſchlichen Kunſtgeſchickes im Vor¬
uͤbergehen kennen lernten.

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[508/0516] gezogenen Struͤmpfen, den Berg hinauf, wo die Harzhuͤtte ſteht, die er ſelbſt errichtet hat und nun mit großem Leidweſen verfallen ſieht. Hier fand ſich eine zuſammenhangende Ofen¬ reihe, wo Steinkohlen abgeſchwefelt und zum Gebrauch bey Eiſenwerken tauglich gemacht werden ſollten; allein zu gleicher Zeit wollte man Oel und Harz auch zu Gute machen, ja ſogar den Ruß nicht miſſen, und ſo unter¬ lag den vielfachen Abſichten alles zuſammen. Bey Lebzeiten des vorigen Fuͤrſten trieb man das Geſchaͤft aus Liebhaberey, aus Hoffnung; jetzt fragte man nach dem unmittelbaren Nutzen, der nicht nachzuweiſen war. Nachdem wir unſern Adepten ſeiner Ein¬ ſamkeit uͤberlaſſen, eilten wir, — denn es war ſchon ſpaͤt geworden — der Friedrichs¬ thaler Glashuͤtte zu, wo wir eine der wichtigſten und wunderbarſten Werkthaͤtigkei¬ ten des menſchlichen Kunſtgeſchickes im Vor¬ uͤbergehen kennen lernten.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/516>, abgerufen am 23.05.2024.