Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

mer auf dem Plane sehen wollten. Seine
Heiterkeit war unverwüstlich und seine Gegen¬
wart bey jeder Zusammenkunft unentbehrlich.
Wir beyde schlossen uns um so enger an ein¬
ander, als er mir auf die Academie folgen
sollte; und er verdient wohl, daß ich seiner
in allen Ehren gedenke, da er viele Jahre
mit unendlicher Liebe, Treue und Geduld an
mir gehalten hat.

Durch meine Leichtigkeit zu reimen und
gemeinen Gegenständen eine poetische Seite
abzugewinnen, hatte er sich gleichfalls zu sol¬
chen Arbeiten verführen lassen. Unsere klei¬
nen geselligen Reisen, Lustpartieen und die
dabey vorkommenden Zufälligkeiten stutzten wir
poetisch auf, und so entstand durch die Schil¬
derung einer Begebenheit immer eine neue
Begebenheit. Weil aber gewöhnlich derglei¬
chen gesellige Scherze auf Verspottung hin¬
auslaufen, und Freund Horn mit seinen bur¬
lesken Darstellungen nicht immer in den ge¬

mer auf dem Plane ſehen wollten. Seine
Heiterkeit war unverwuͤſtlich und ſeine Gegen¬
wart bey jeder Zuſammenkunft unentbehrlich.
Wir beyde ſchloſſen uns um ſo enger an ein¬
ander, als er mir auf die Academie folgen
ſollte; und er verdient wohl, daß ich ſeiner
in allen Ehren gedenke, da er viele Jahre
mit unendlicher Liebe, Treue und Geduld an
mir gehalten hat.

Durch meine Leichtigkeit zu reimen und
gemeinen Gegenſtaͤnden eine poetiſche Seite
abzugewinnen, hatte er ſich gleichfalls zu ſol¬
chen Arbeiten verfuͤhren laſſen. Unſere klei¬
nen geſelligen Reiſen, Luſtpartieen und die
dabey vorkommenden Zufaͤlligkeiten ſtutzten wir
poetiſch auf, und ſo entſtand durch die Schil¬
derung einer Begebenheit immer eine neue
Begebenheit. Weil aber gewoͤhnlich derglei¬
chen geſellige Scherze auf Verſpottung hin¬
auslaufen, und Freund Horn mit ſeinen bur¬
lesken Darſtellungen nicht immer in den ge¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0060" n="52"/>
mer auf dem Plane &#x017F;ehen wollten. Seine<lb/>
Heiterkeit war unverwu&#x0364;&#x017F;tlich und &#x017F;eine Gegen¬<lb/>
wart bey jeder Zu&#x017F;ammenkunft unentbehrlich.<lb/>
Wir beyde &#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en uns um &#x017F;o enger an ein¬<lb/>
ander, als er mir auf die Academie folgen<lb/>
&#x017F;ollte; und er verdient wohl, daß ich &#x017F;einer<lb/>
in allen Ehren gedenke, da er viele Jahre<lb/>
mit unendlicher Liebe, Treue und Geduld an<lb/>
mir gehalten hat.</p><lb/>
        <p>Durch meine Leichtigkeit zu reimen und<lb/>
gemeinen Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden eine poeti&#x017F;che Seite<lb/>
abzugewinnen, hatte er &#x017F;ich gleichfalls zu &#x017F;ol¬<lb/>
chen Arbeiten verfu&#x0364;hren la&#x017F;&#x017F;en. Un&#x017F;ere klei¬<lb/>
nen ge&#x017F;elligen Rei&#x017F;en, Lu&#x017F;tpartieen und die<lb/>
dabey vorkommenden Zufa&#x0364;lligkeiten &#x017F;tutzten wir<lb/>
poeti&#x017F;ch auf, und &#x017F;o ent&#x017F;tand durch die Schil¬<lb/>
derung einer Begebenheit immer eine neue<lb/>
Begebenheit. Weil aber gewo&#x0364;hnlich derglei¬<lb/>
chen ge&#x017F;ellige Scherze auf Ver&#x017F;pottung hin¬<lb/>
auslaufen, und Freund Horn mit &#x017F;einen bur¬<lb/>
lesken Dar&#x017F;tellungen nicht immer in den ge¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0060] mer auf dem Plane ſehen wollten. Seine Heiterkeit war unverwuͤſtlich und ſeine Gegen¬ wart bey jeder Zuſammenkunft unentbehrlich. Wir beyde ſchloſſen uns um ſo enger an ein¬ ander, als er mir auf die Academie folgen ſollte; und er verdient wohl, daß ich ſeiner in allen Ehren gedenke, da er viele Jahre mit unendlicher Liebe, Treue und Geduld an mir gehalten hat. Durch meine Leichtigkeit zu reimen und gemeinen Gegenſtaͤnden eine poetiſche Seite abzugewinnen, hatte er ſich gleichfalls zu ſol¬ chen Arbeiten verfuͤhren laſſen. Unſere klei¬ nen geſelligen Reiſen, Luſtpartieen und die dabey vorkommenden Zufaͤlligkeiten ſtutzten wir poetiſch auf, und ſo entſtand durch die Schil¬ derung einer Begebenheit immer eine neue Begebenheit. Weil aber gewoͤhnlich derglei¬ chen geſellige Scherze auf Verſpottung hin¬ auslaufen, und Freund Horn mit ſeinen bur¬ lesken Darſtellungen nicht immer in den ge¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/60
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/60>, abgerufen am 21.11.2024.