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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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werflich ansehen. Ward mir dieses oder jenes
daran getadelt, so blieb es doch im Stillen
meine Ueberzeugung, daß es nach und nach
immer besser werden müßte, und daß ich wohl
einmal neben Hagedorn, Gellert und anderen
solchen Männern mit Ehre dürfte genannt
werden. Aber eine solche Bestimmung allein
schien mir allzuleer und unzulänglich; ich woll¬
te mich mit Ernst zu jenen gründlichen Stu¬
dien bekennen, und indem ich, bey einer voll¬
ständigeren Ansicht des Alterthums, in meinen
eigenen Werken rascher vorzuschreiten dachte,
mich zu einer academischen Lehrstelle fähig ma¬
chen, welche mir das Wünschenswertheste schien
für einen jungen Mann, der sich selbst aus¬
zubilden und zur Bildung Anderer beyzutra¬
gen gedachte.

Bey diesen Gesinnungen hatte ich immer
Göttingen im Auge. Auf Männern, wie
Heyne, Michaelis und so manchem Ande¬

werflich anſehen. Ward mir dieſes oder jenes
daran getadelt, ſo blieb es doch im Stillen
meine Ueberzeugung, daß es nach und nach
immer beſſer werden muͤßte, und daß ich wohl
einmal neben Hagedorn, Gellert und anderen
ſolchen Maͤnnern mit Ehre duͤrfte genannt
werden. Aber eine ſolche Beſtimmung allein
ſchien mir allzuleer und unzulaͤnglich; ich woll¬
te mich mit Ernſt zu jenen gruͤndlichen Stu¬
dien bekennen, und indem ich, bey einer voll¬
ſtaͤndigeren Anſicht des Alterthums, in meinen
eigenen Werken raſcher vorzuſchreiten dachte,
mich zu einer academiſchen Lehrſtelle faͤhig ma¬
chen, welche mir das Wuͤnſchenswertheſte ſchien
fuͤr einen jungen Mann, der ſich ſelbſt aus¬
zubilden und zur Bildung Anderer beyzutra¬
gen gedachte.

Bey dieſen Geſinnungen hatte ich immer
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[61/0069] werflich anſehen. Ward mir dieſes oder jenes daran getadelt, ſo blieb es doch im Stillen meine Ueberzeugung, daß es nach und nach immer beſſer werden muͤßte, und daß ich wohl einmal neben Hagedorn, Gellert und anderen ſolchen Maͤnnern mit Ehre duͤrfte genannt werden. Aber eine ſolche Beſtimmung allein ſchien mir allzuleer und unzulaͤnglich; ich woll¬ te mich mit Ernſt zu jenen gruͤndlichen Stu¬ dien bekennen, und indem ich, bey einer voll¬ ſtaͤndigeren Anſicht des Alterthums, in meinen eigenen Werken raſcher vorzuſchreiten dachte, mich zu einer academiſchen Lehrſtelle faͤhig ma¬ chen, welche mir das Wuͤnſchenswertheſte ſchien fuͤr einen jungen Mann, der ſich ſelbſt aus¬ zubilden und zur Bildung Anderer beyzutra¬ gen gedachte. Bey dieſen Geſinnungen hatte ich immer Goͤttingen im Auge. Auf Maͤnnern, wie Heyne, Michaelis und ſo manchem Ande¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/69>, abgerufen am 26.05.2024.