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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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fen für einen großen Spaß hielt, die zerbro¬
chenen Halbchäsen, so wie die zufälligen Beu¬
len zu vergüten wußte, übrigens aber Nie¬
manden beleidigte, sondern nur das Publi¬
cum in Masse zu verhöhnen schien. Einst
bemächtigte er und ein Spießgesell sich, am
schönsten Promenaden-Tage, der Esel des
Thomasmüllers; sie ritten wohl gekleidet, in
Schuhen und Strümpfen mit dem größten
Ernst um die Stadt, angestaunt von allen
Spazirgängern, von denen das Glacis wim¬
melte. Als ihm einige Wohldenkende hier¬
über Vorstellungen thaten, versicherte er ganz
unbefangen, er habe nur sehen wollen, wie
sich der Herr Christus in einem ähnlichen
Falle möchte ausgenommen haben. Nachah¬
mer fand er jedoch keinen und wenig Ge¬
sellen.

Denn der Studirende von einigem Ver¬
mögen und Ansehen hatte alle Ursache, sich
gegen den Handelsstand ergeben zu erweisen,

fen fuͤr einen großen Spaß hielt, die zerbro¬
chenen Halbchaͤſen, ſo wie die zufaͤlligen Beu¬
len zu verguͤten wußte, uͤbrigens aber Nie¬
manden beleidigte, ſondern nur das Publi¬
cum in Maſſe zu verhoͤhnen ſchien. Einſt
bemaͤchtigte er und ein Spießgeſell ſich, am
ſchoͤnſten Promenaden-Tage, der Eſel des
Thomasmuͤllers; ſie ritten wohl gekleidet, in
Schuhen und Struͤmpfen mit dem groͤßten
Ernſt um die Stadt, angeſtaunt von allen
Spazirgaͤngern, von denen das Glacis wim¬
melte. Als ihm einige Wohldenkende hier¬
uͤber Vorſtellungen thaten, verſicherte er ganz
unbefangen, er habe nur ſehen wollen, wie
ſich der Herr Chriſtus in einem aͤhnlichen
Falle moͤchte ausgenommen haben. Nachah¬
mer fand er jedoch keinen und wenig Ge¬
ſellen.

Denn der Studirende von einigem Ver¬
moͤgen und Anſehen hatte alle Urſache, ſich
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[91/0099] fen fuͤr einen großen Spaß hielt, die zerbro¬ chenen Halbchaͤſen, ſo wie die zufaͤlligen Beu¬ len zu verguͤten wußte, uͤbrigens aber Nie¬ manden beleidigte, ſondern nur das Publi¬ cum in Maſſe zu verhoͤhnen ſchien. Einſt bemaͤchtigte er und ein Spießgeſell ſich, am ſchoͤnſten Promenaden-Tage, der Eſel des Thomasmuͤllers; ſie ritten wohl gekleidet, in Schuhen und Struͤmpfen mit dem groͤßten Ernſt um die Stadt, angeſtaunt von allen Spazirgaͤngern, von denen das Glacis wim¬ melte. Als ihm einige Wohldenkende hier¬ uͤber Vorſtellungen thaten, verſicherte er ganz unbefangen, er habe nur ſehen wollen, wie ſich der Herr Chriſtus in einem aͤhnlichen Falle moͤchte ausgenommen haben. Nachah¬ mer fand er jedoch keinen und wenig Ge¬ ſellen. Denn der Studirende von einigem Ver¬ moͤgen und Anſehen hatte alle Urſache, ſich gegen den Handelsſtand ergeben zu erweiſen,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/99>, abgerufen am 21.11.2024.