Eine rasche Mittheilung war jedoch unter den Literaturfreunden schon eingeleitet; die Musenalmanache verbanden alle jungen Dich¬ ter, die Journale den Dichter mit den übri¬ gen Schriftstellern. Meine Lust am Hervor¬ bringen war grenzenlos; gegen mein Hervor¬ gebrachtes verhielt ich mich gleichgültig; nur wenn ich es mir und andern in geselligem Kreise froh wieder vergegenwärtigte, erneute sich die Neigung daran. Auch nahmen viele gern an meinen größern und kleinern Arbei¬ ten Theil, weil ich einen Jeden, der sich nur einigermaßen zum Hervorbringen geneigt und geschickt fühlte, etwas in seiner eignen Art unabhängig zu leisten, dringend nöthigte, und von allen gleichfalls wieder zu neuem Dichten und Schreiben aufgefordert wurde. Dieses wechselseitige, bis zur Ausschweifung gehende Hetzen und Treiben gab Jedem nach seiner Art einen fröhlichen Einfluß, und aus diesem Quirlen und Schaffen, aus diesem Le¬ ben und Lebenlassen, aus diesem Nehmen und
III. 12
Eine raſche Mittheilung war jedoch unter den Literaturfreunden ſchon eingeleitet; die Muſenalmanache verbanden alle jungen Dich¬ ter, die Journale den Dichter mit den uͤbri¬ gen Schriftſtellern. Meine Luſt am Hervor¬ bringen war grenzenlos; gegen mein Hervor¬ gebrachtes verhielt ich mich gleichguͤltig; nur wenn ich es mir und andern in geſelligem Kreiſe froh wieder vergegenwaͤrtigte, erneute ſich die Neigung daran. Auch nahmen viele gern an meinen groͤßern und kleinern Arbei¬ ten Theil, weil ich einen Jeden, der ſich nur einigermaßen zum Hervorbringen geneigt und geſchickt fuͤhlte, etwas in ſeiner eignen Art unabhaͤngig zu leiſten, dringend noͤthigte, und von allen gleichfalls wieder zu neuem Dichten und Schreiben aufgefordert wurde. Dieſes wechſelſeitige, bis zur Ausſchweifung gehende Hetzen und Treiben gab Jedem nach ſeiner Art einen froͤhlichen Einfluß, und aus dieſem Quirlen und Schaffen, aus dieſem Le¬ ben und Lebenlaſſen, aus dieſem Nehmen und
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Eine raſche Mittheilung war jedoch unter
den Literaturfreunden ſchon eingeleitet; die
Muſenalmanache verbanden alle jungen Dich¬
ter, die Journale den Dichter mit den uͤbri¬
gen Schriftſtellern. Meine Luſt am Hervor¬
bringen war grenzenlos; gegen mein Hervor¬
gebrachtes verhielt ich mich gleichguͤltig; nur
wenn ich es mir und andern in geſelligem
Kreiſe froh wieder vergegenwaͤrtigte, erneute
ſich die Neigung daran. Auch nahmen viele
gern an meinen groͤßern und kleinern Arbei¬
ten Theil, weil ich einen Jeden, der ſich
nur einigermaßen zum Hervorbringen geneigt
und geſchickt fuͤhlte, etwas in ſeiner eignen
Art unabhaͤngig zu leiſten, dringend noͤthigte,
und von allen gleichfalls wieder zu neuem
Dichten und Schreiben aufgefordert wurde.
Dieſes wechſelſeitige, bis zur Ausſchweifung
gehende Hetzen und Treiben gab Jedem nach
ſeiner Art einen froͤhlichen Einfluß, und aus
dieſem Quirlen und Schaffen, aus dieſem Le¬
ben und Lebenlaſſen, aus dieſem Nehmen und
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/185>, abgerufen am 26.11.2024.
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