ob die Wunde geheilt würde, lag ihnen nicht so nah; und nun noch gar ein neuer Kosten¬ aufwand! Man mochte sich's nicht ganz deut¬ lich gemacht haben, daß durch diese Anstalt jeder Fürst seine Dienerschaft vermehre, frey¬ lich zu einem entschiedenen Zwecke, aber wer giebt gern Geld für's Nothwendige? Jeder¬ man wäre zufrieden, wenn er das Nützliche um Gotteswillen haben könnte.
Anfangs sollten die Beysitzer von Spor¬ teln leben, dann erfolgte eine mäßige Bewil¬ ligung der Stände; beydes war kümmerlich. Aber dem großen und auffallenden Bedürfniß abzuhelfen, fanden sich willige, tüchtige, ar¬ beitsame Männer, und das Gericht ward ein¬ gesetzt. Ob man einsah, daß hier nur von Linderung, nicht von Heilung des Uebels die Rede sey, oder ob man sich, wie in ähnli¬ chen Fällen, mit der Hoffnung schmeichelte, mit Wenigem Vieles zu leisten, ist nicht zu entscheiden; genug das Gericht diente mehr
ob die Wunde geheilt wuͤrde, lag ihnen nicht ſo nah; und nun noch gar ein neuer Koſten¬ aufwand! Man mochte ſich's nicht ganz deut¬ lich gemacht haben, daß durch dieſe Anſtalt jeder Fuͤrſt ſeine Dienerſchaft vermehre, frey¬ lich zu einem entſchiedenen Zwecke, aber wer giebt gern Geld fuͤr's Nothwendige? Jeder¬ man waͤre zufrieden, wenn er das Nuͤtzliche um Gotteswillen haben koͤnnte.
Anfangs ſollten die Beyſitzer von Spor¬ teln leben, dann erfolgte eine maͤßige Bewil¬ ligung der Staͤnde; beydes war kuͤmmerlich. Aber dem großen und auffallenden Beduͤrfniß abzuhelfen, fanden ſich willige, tuͤchtige, ar¬ beitſame Maͤnner, und das Gericht ward ein¬ geſetzt. Ob man einſah, daß hier nur von Linderung, nicht von Heilung des Uebels die Rede ſey, oder ob man ſich, wie in aͤhnli¬ chen Faͤllen, mit der Hoffnung ſchmeichelte, mit Wenigem Vieles zu leiſten, iſt nicht zu entſcheiden; genug das Gericht diente mehr
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ob die Wunde geheilt wuͤrde, lag ihnen nicht
ſo nah; und nun noch gar ein neuer Koſten¬
aufwand! Man mochte ſich's nicht ganz deut¬
lich gemacht haben, daß durch dieſe Anſtalt
jeder Fuͤrſt ſeine Dienerſchaft vermehre, frey¬
lich zu einem entſchiedenen Zwecke, aber wer
giebt gern Geld fuͤr's Nothwendige? Jeder¬
man waͤre zufrieden, wenn er das Nuͤtzliche
um Gotteswillen haben koͤnnte.
Anfangs ſollten die Beyſitzer von Spor¬
teln leben, dann erfolgte eine maͤßige Bewil¬
ligung der Staͤnde; beydes war kuͤmmerlich.
Aber dem großen und auffallenden Beduͤrfniß
abzuhelfen, fanden ſich willige, tuͤchtige, ar¬
beitſame Maͤnner, und das Gericht ward ein¬
geſetzt. Ob man einſah, daß hier nur von
Linderung, nicht von Heilung des Uebels die
Rede ſey, oder ob man ſich, wie in aͤhnli¬
chen Faͤllen, mit der Hoffnung ſchmeichelte,
mit Wenigem Vieles zu leiſten, iſt nicht zu
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/200>, abgerufen am 28.11.2024.
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