Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

kurze Zeit unter Carl dem fünften und vor
dem dreyßigjährigen Kriege, sich nur kümmer¬
lich hin. Man begreift oft nicht, wie sich
nur Männer finden konnten zu diesem undank¬
baren und traurigen Geschäft. Aber was der
Mensch täglich treibt, läßt er sich, wenn er
Geschick dazu hat, gefallen, sollte er auch
nicht gerade sehen, daß etwas dabey heraus¬
komme. Der Deutsche besonders ist von einer
solchen ausharrenden Sinnesart, und so ha¬
ben sich drey Jahrhunderte hindurch die wür¬
digsten Männer mit diesen Arbeiten und Ge¬
genständen beschäftigt. Eine characteristische
Galerie solcher Bilder würde noch jetzt An¬
theil erregen und Muth einflößen.

Denn gerade in solchen anarchischen Zeiten
tritt der tüchtige Mann am festesten auf, und
der das Gute will, findet sich recht an seinem
Platze. So stand z. B. das Directorium
Fürstenbergs noch immer in gesegnetem
Andenken, und mit dem Tode dieses vortreff¬

kurze Zeit unter Carl dem fuͤnften und vor
dem dreyßigjaͤhrigen Kriege, ſich nur kuͤmmer¬
lich hin. Man begreift oft nicht, wie ſich
nur Maͤnner finden konnten zu dieſem undank¬
baren und traurigen Geſchaͤft. Aber was der
Menſch taͤglich treibt, laͤßt er ſich, wenn er
Geſchick dazu hat, gefallen, ſollte er auch
nicht gerade ſehen, daß etwas dabey heraus¬
komme. Der Deutſche beſonders iſt von einer
ſolchen ausharrenden Sinnesart, und ſo ha¬
ben ſich drey Jahrhunderte hindurch die wuͤr¬
digſten Maͤnner mit dieſen Arbeiten und Ge¬
genſtaͤnden beſchaͤftigt. Eine characteriſtiſche
Galerie ſolcher Bilder wuͤrde noch jetzt An¬
theil erregen und Muth einfloͤßen.

Denn gerade in ſolchen anarchiſchen Zeiten
tritt der tuͤchtige Mann am feſteſten auf, und
der das Gute will, findet ſich recht an ſeinem
Platze. So ſtand z. B. das Directorium
Fuͤrſtenbergs noch immer in geſegnetem
Andenken, und mit dem Tode dieſes vortreff¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0207" n="199"/>
kurze Zeit unter Carl dem fu&#x0364;nften und vor<lb/>
dem dreyßigja&#x0364;hrigen Kriege, &#x017F;ich nur ku&#x0364;mmer¬<lb/>
lich hin. Man begreift oft nicht, wie &#x017F;ich<lb/>
nur Ma&#x0364;nner finden konnten zu die&#x017F;em undank¬<lb/>
baren und traurigen Ge&#x017F;cha&#x0364;ft. Aber was der<lb/>
Men&#x017F;ch ta&#x0364;glich treibt, la&#x0364;ßt er &#x017F;ich, wenn er<lb/>
Ge&#x017F;chick dazu hat, gefallen, &#x017F;ollte er auch<lb/>
nicht gerade &#x017F;ehen, daß etwas dabey heraus¬<lb/>
komme. Der Deut&#x017F;che be&#x017F;onders i&#x017F;t von einer<lb/>
&#x017F;olchen ausharrenden Sinnesart, und &#x017F;o ha¬<lb/>
ben &#x017F;ich drey Jahrhunderte hindurch die wu&#x0364;<lb/>
dig&#x017F;ten Ma&#x0364;nner mit die&#x017F;en Arbeiten und Ge¬<lb/>
gen&#x017F;ta&#x0364;nden be&#x017F;cha&#x0364;ftigt. Eine characteri&#x017F;ti&#x017F;che<lb/>
Galerie &#x017F;olcher Bilder wu&#x0364;rde noch jetzt An¬<lb/>
theil erregen und Muth einflo&#x0364;ßen.</p><lb/>
        <p>Denn gerade in &#x017F;olchen anarchi&#x017F;chen Zeiten<lb/>
tritt der tu&#x0364;chtige Mann am fe&#x017F;te&#x017F;ten auf, und<lb/>
der das Gute will, findet &#x017F;ich recht an &#x017F;einem<lb/>
Platze. So &#x017F;tand z. B. das Directorium<lb/><hi rendition="#g">Fu&#x0364;r&#x017F;tenbergs</hi> noch immer in ge&#x017F;egnetem<lb/>
Andenken, und mit dem Tode die&#x017F;es vortreff¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[199/0207] kurze Zeit unter Carl dem fuͤnften und vor dem dreyßigjaͤhrigen Kriege, ſich nur kuͤmmer¬ lich hin. Man begreift oft nicht, wie ſich nur Maͤnner finden konnten zu dieſem undank¬ baren und traurigen Geſchaͤft. Aber was der Menſch taͤglich treibt, laͤßt er ſich, wenn er Geſchick dazu hat, gefallen, ſollte er auch nicht gerade ſehen, daß etwas dabey heraus¬ komme. Der Deutſche beſonders iſt von einer ſolchen ausharrenden Sinnesart, und ſo ha¬ ben ſich drey Jahrhunderte hindurch die wuͤr¬ digſten Maͤnner mit dieſen Arbeiten und Ge¬ genſtaͤnden beſchaͤftigt. Eine characteriſtiſche Galerie ſolcher Bilder wuͤrde noch jetzt An¬ theil erregen und Muth einfloͤßen. Denn gerade in ſolchen anarchiſchen Zeiten tritt der tuͤchtige Mann am feſteſten auf, und der das Gute will, findet ſich recht an ſeinem Platze. So ſtand z. B. das Directorium Fuͤrſtenbergs noch immer in geſegnetem Andenken, und mit dem Tode dieſes vortreff¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/207
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/207>, abgerufen am 19.05.2024.