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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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war das neue Schloß; man führte uns an
den Platz wo es stehn sollte, man ließ uns
die vorschlägigen Risse davon sehen.

In diesem heitren Zustande entwickelte sich
jedoch innerlich der Stoff der Unverträglich¬
keit, der in gebildeten wie in ungebildeten
Gesellschaften gewöhnlich seine unfreundlichen
Wirkungen zeigt. Merk, zugleich kalt und
unruhig, hatte nicht lange jene Briefwechsel
mit angehört, als er über die Dinge von de¬
nen die Rede war, so wie über die Personen
und ihre Verhältnisse, gar manchen schalkhaf¬
ten Einfall laut werden ließ, mir aber im
Stillen die wunderlichsten Dinge eröffnete, die
eigentlich darunter verborgen seyn sollten. Von
politischen Geheimnissen war zwar keineswegs
die Rede, auch nicht von irgend etwas, das
einen gewissen Zusammenhang gehabt hätte;
er machte mich nur auf Menschen aufmerk¬
sam, die ohne sonderliche Talente, mit ei¬
nem gewissen Geschick, sich persönlichen Ein¬

war das neue Schloß; man fuͤhrte uns an
den Platz wo es ſtehn ſollte, man ließ uns
die vorſchlaͤgigen Riſſe davon ſehen.

In dieſem heitren Zuſtande entwickelte ſich
jedoch innerlich der Stoff der Unvertraͤglich¬
keit, der in gebildeten wie in ungebildeten
Geſellſchaften gewoͤhnlich ſeine unfreundlichen
Wirkungen zeigt. Merk, zugleich kalt und
unruhig, hatte nicht lange jene Briefwechſel
mit angehoͤrt, als er uͤber die Dinge von de¬
nen die Rede war, ſo wie uͤber die Perſonen
und ihre Verhaͤltniſſe, gar manchen ſchalkhaf¬
ten Einfall laut werden ließ, mir aber im
Stillen die wunderlichſten Dinge eroͤffnete, die
eigentlich darunter verborgen ſeyn ſollten. Von
politiſchen Geheimniſſen war zwar keineswegs
die Rede, auch nicht von irgend etwas, das
einen gewiſſen Zuſammenhang gehabt haͤtte;
er machte mich nur auf Menſchen aufmerk¬
ſam, die ohne ſonderliche Talente, mit ei¬
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[282/0290] war das neue Schloß; man fuͤhrte uns an den Platz wo es ſtehn ſollte, man ließ uns die vorſchlaͤgigen Riſſe davon ſehen. In dieſem heitren Zuſtande entwickelte ſich jedoch innerlich der Stoff der Unvertraͤglich¬ keit, der in gebildeten wie in ungebildeten Geſellſchaften gewoͤhnlich ſeine unfreundlichen Wirkungen zeigt. Merk, zugleich kalt und unruhig, hatte nicht lange jene Briefwechſel mit angehoͤrt, als er uͤber die Dinge von de¬ nen die Rede war, ſo wie uͤber die Perſonen und ihre Verhaͤltniſſe, gar manchen ſchalkhaf¬ ten Einfall laut werden ließ, mir aber im Stillen die wunderlichſten Dinge eroͤffnete, die eigentlich darunter verborgen ſeyn ſollten. Von politiſchen Geheimniſſen war zwar keineswegs die Rede, auch nicht von irgend etwas, das einen gewiſſen Zuſammenhang gehabt haͤtte; er machte mich nur auf Menſchen aufmerk¬ ſam, die ohne ſonderliche Talente, mit ei¬ nem gewiſſen Geſchick, ſich perſoͤnlichen Ein¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/290>, abgerufen am 24.11.2024.