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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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male seiner frühesten Zeit zu verewigen nicht
verschmähte.

Es dauerte nicht lange, so kam ich auch
mit Lavatern in Verbindung. Der Brief
des Pastors
an seinen Collegen hatte ihm
stellenweise sehr eingeleuchtet: denn manches
traf mit seinen Gesinnungen vollkommen über¬
ein. Bey seinem unablässigen Treiben ward
unser Briefwechsel bald sehr lebhaft. Er
machte so eben ernstliche Anstalten zu seiner
größern Physiognomik, deren Einleitung schon
früher in das Publicum gelangt war. Er
forderte alle Welt auf, ihm Zeichnungen,
Schattenrisse, besonders aber Christusbilder
zu schicken, und ob ich gleich so gut wie gar
nichts leisten konnte, so wollte er doch von
mir ein für allemal auch einen Heiland ge¬
zeichnet haben, wie ich mir ihn vorstellte.
Dergleichen Forderungen des Unmöglichen ga¬
ben mir zu mancherley Scherzen Anlaß, und
ich wußte mir gegen seine Eigenheiten nicht

male ſeiner fruͤheſten Zeit zu verewigen nicht
verſchmaͤhte.

Es dauerte nicht lange, ſo kam ich auch
mit Lavatern in Verbindung. Der Brief
des Paſtors
an ſeinen Collegen hatte ihm
ſtellenweiſe ſehr eingeleuchtet: denn manches
traf mit ſeinen Geſinnungen vollkommen uͤber¬
ein. Bey ſeinem unablaͤſſigen Treiben ward
unſer Briefwechſel bald ſehr lebhaft. Er
machte ſo eben ernſtliche Anſtalten zu ſeiner
groͤßern Phyſiognomik, deren Einleitung ſchon
fruͤher in das Publicum gelangt war. Er
forderte alle Welt auf, ihm Zeichnungen,
Schattenriſſe, beſonders aber Chriſtusbilder
zu ſchicken, und ob ich gleich ſo gut wie gar
nichts leiſten konnte, ſo wollte er doch von
mir ein fuͤr allemal auch einen Heiland ge¬
zeichnet haben, wie ich mir ihn vorſtellte.
Dergleichen Forderungen des Unmoͤglichen ga¬
ben mir zu mancherley Scherzen Anlaß, und
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[392/0400] male ſeiner fruͤheſten Zeit zu verewigen nicht verſchmaͤhte. Es dauerte nicht lange, ſo kam ich auch mit Lavatern in Verbindung. Der Brief des Paſtors an ſeinen Collegen hatte ihm ſtellenweiſe ſehr eingeleuchtet: denn manches traf mit ſeinen Geſinnungen vollkommen uͤber¬ ein. Bey ſeinem unablaͤſſigen Treiben ward unſer Briefwechſel bald ſehr lebhaft. Er machte ſo eben ernſtliche Anſtalten zu ſeiner groͤßern Phyſiognomik, deren Einleitung ſchon fruͤher in das Publicum gelangt war. Er forderte alle Welt auf, ihm Zeichnungen, Schattenriſſe, beſonders aber Chriſtusbilder zu ſchicken, und ob ich gleich ſo gut wie gar nichts leiſten konnte, ſo wollte er doch von mir ein fuͤr allemal auch einen Heiland ge¬ zeichnet haben, wie ich mir ihn vorſtellte. Dergleichen Forderungen des Unmoͤglichen ga¬ ben mir zu mancherley Scherzen Anlaß, und ich wußte mir gegen ſeine Eigenheiten nicht

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/400>, abgerufen am 27.11.2024.