sich munter ausdrückend, eine herrliche Nie¬ derländerinn, die, ohne Ausdruck von Sinn¬ lichkeit, durch ihr tüchtiges Wesen an die Rubensischen Frauen erinnerte. Genannte Damen hatten, bey längerem und kürzerem Aufenthalt in Frankfurt, mit meiner Schwester die engste Verbindung geknüpft, und das ernste, starre, gewissermaßen lieblose Wesen Corneliens aufgeschlossen und erheitert, und so war uns denn ein Düsseldorf, ein Pempel¬ fort, dem Geist und Herzen nach in Frank¬ furt zu Theil geworden.
Unser erstes Begegnen in Cölln konnte daher sogleich offen und zutraulich seyn: denn jener Frauen gute Meynung von uns hatte gleichfalls nach Hause gewirkt; man behan¬ delte mich nicht, wie bisher auf der Reise, bloß als den Dunstschweif jener beyden gro¬ ßen Wandelsterne, sondern man wendete sich auch besonders an mich, um mir manches Gute zu ertheilen, und schien geneigt, auch
ſich munter ausdruͤckend, eine herrliche Nie¬ derlaͤnderinn, die, ohne Ausdruck von Sinn¬ lichkeit, durch ihr tuͤchtiges Weſen an die Rubensiſchen Frauen erinnerte. Genannte Damen hatten, bey laͤngerem und kuͤrzerem Aufenthalt in Frankfurt, mit meiner Schweſter die engſte Verbindung geknuͤpft, und das ernſte, ſtarre, gewiſſermaßen liebloſe Weſen Corneliens aufgeſchloſſen und erheitert, und ſo war uns denn ein Duͤſſeldorf, ein Pempel¬ fort, dem Geiſt und Herzen nach in Frank¬ furt zu Theil geworden.
Unſer erſtes Begegnen in Coͤlln konnte daher ſogleich offen und zutraulich ſeyn: denn jener Frauen gute Meynung von uns hatte gleichfalls nach Hauſe gewirkt; man behan¬ delte mich nicht, wie bisher auf der Reiſe, bloß als den Dunſtſchweif jener beyden gro¬ ßen Wandelſterne, ſondern man wendete ſich auch beſonders an mich, um mir manches Gute zu ertheilen, und ſchien geneigt, auch
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ſich munter ausdruͤckend, eine herrliche Nie¬
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lichkeit, durch ihr tuͤchtiges Weſen an die
Rubensiſchen Frauen erinnerte. Genannte
Damen hatten, bey laͤngerem und kuͤrzerem
Aufenthalt in Frankfurt, mit meiner Schweſter
die engſte Verbindung geknuͤpft, und das
ernſte, ſtarre, gewiſſermaßen liebloſe Weſen
Corneliens aufgeſchloſſen und erheitert, und
ſo war uns denn ein Duͤſſeldorf, ein Pempel¬
fort, dem Geiſt und Herzen nach in Frank¬
furt zu Theil geworden.
Unſer erſtes Begegnen in Coͤlln konnte
daher ſogleich offen und zutraulich ſeyn: denn
jener Frauen gute Meynung von uns hatte
gleichfalls nach Hauſe gewirkt; man behan¬
delte mich nicht, wie bisher auf der Reiſe,
bloß als den Dunſtſchweif jener beyden gro¬
ßen Wandelſterne, ſondern man wendete ſich
auch beſonders an mich, um mir manches
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/440>, abgerufen am 24.11.2024.
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