den Missions-Beruf, alle Thatkraft die in dem Menschen liegt, in Anspruch genommen wurde. Die trefflichen Männer die ich auf dem Synodus zu Marienborn, wohin mich Legationsrath Moritz, Geschäftsträger der Grafen von Isenburg, mitnahm, kennen lernte, hatten meine ganze Verehrung ge¬ wonnen, und es wäre nur auf sie angekom¬ men, mich zu dem Ihrigen zu machen. Ich beschäftigte mich mit ihrer Geschichte, mit ih¬ rer Lehre, der Herkunft und Ausbildung der¬ selben, und fand mich in dem Fall, davon Rechenschaft zu geben, und mich mit Theil¬ nehmenden darüber zu unterhalten. Ich mu߬ te jedoch bemerken, daß die Brüder so we¬ nig als Fräulein von Klettenberg, mich für einen Christen wollten gelten lassen, welches mich anfangs beunruhigte, nachher aber meine Neigung einigermaßen erkältete. Lange konnte ich jedoch den eigentlichen Unterscheidungsgrund nicht auffinden, ob er gleich ziemlich am Tage lag, bis er mir mehr zufällig als durch For¬
den Miſſions-Beruf, alle Thatkraft die in dem Menſchen liegt, in Anſpruch genommen wurde. Die trefflichen Maͤnner die ich auf dem Synodus zu Marienborn, wohin mich Legationsrath Moritz, Geſchaͤftstraͤger der Grafen von Iſenburg, mitnahm, kennen lernte, hatten meine ganze Verehrung ge¬ wonnen, und es waͤre nur auf ſie angekom¬ men, mich zu dem Ihrigen zu machen. Ich beſchaͤftigte mich mit ihrer Geſchichte, mit ih¬ rer Lehre, der Herkunft und Ausbildung der¬ ſelben, und fand mich in dem Fall, davon Rechenſchaft zu geben, und mich mit Theil¬ nehmenden daruͤber zu unterhalten. Ich mu߬ te jedoch bemerken, daß die Bruͤder ſo we¬ nig als Fraͤulein von Klettenberg, mich fuͤr einen Chriſten wollten gelten laſſen, welches mich anfangs beunruhigte, nachher aber meine Neigung einigermaßen erkaͤltete. Lange konnte ich jedoch den eigentlichen Unterſcheidungsgrund nicht auffinden, ob er gleich ziemlich am Tage lag, bis er mir mehr zufaͤllig als durch For¬
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den Miſſions-Beruf, alle Thatkraft die in
dem Menſchen liegt, in Anſpruch genommen
wurde. Die trefflichen Maͤnner die ich auf
dem Synodus zu Marienborn, wohin mich
Legationsrath Moritz, Geſchaͤftstraͤger der
Grafen von Iſenburg, mitnahm, kennen
lernte, hatten meine ganze Verehrung ge¬
wonnen, und es waͤre nur auf ſie angekom¬
men, mich zu dem Ihrigen zu machen. Ich
beſchaͤftigte mich mit ihrer Geſchichte, mit ih¬
rer Lehre, der Herkunft und Ausbildung der¬
ſelben, und fand mich in dem Fall, davon
Rechenſchaft zu geben, und mich mit Theil¬
nehmenden daruͤber zu unterhalten. Ich mu߬
te jedoch bemerken, daß die Bruͤder ſo we¬
nig als Fraͤulein von Klettenberg, mich fuͤr
einen Chriſten wollten gelten laſſen, welches
mich anfangs beunruhigte, nachher aber meine
Neigung einigermaßen erkaͤltete. Lange konnte
ich jedoch den eigentlichen Unterſcheidungsgrund
nicht auffinden, ob er gleich ziemlich am Tage
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/472>, abgerufen am 23.11.2024.
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